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Vertriebsrecht – Ausgleichsanspruch aus Vertriebsverhältnissen ist kein Selbstläufer

31/05/2024
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Vertriebsrecht – Ausgleichsanspruch aus Vertriebsverhältnissen ist kein Selbstläufer

Häufig enden Handelsvertreterverträge durch Kündigung seitens des Unternehmers. Ein typisches Motiv hierfür ist der Wunsch, die Provisionszahlungen zu ersparen. Das Kalkül des Unternehmers besteht darin, dass die einmal geworbenen Kunden auch ohne die Bemühungen des Handelsvertreters schon weiter das liebgewordene Produkt kaufen werden. Eine ähnliche Interessenlage kann bei Vertragshändlerverträgen bestehen.

Dann stellt sich die Frage, welche Ansprüche der Handelsvertreter hat. Das Gesetz gewährt dem Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch. Er soll ihn dafür entschädigen, dass er fortan keine Provisionen mehr für die Umsätze der von ihm geworbenen Kunden mehr erzielt, während der Unternehmer mutmaßlich weiter mit den geworbenen Kunden Geschäfte machen wird.

Ein weit verbreiteter Irrtum besteht darin, dass es diesen Anspruch quasi automatisch in Höhe einer Jahresprovision gibt. Dabei wird aber übersehen, dass der Handelsvertreter die Beweislast dafür trägt, dass der Unternehmer mit den geworbenen Kunden weiter Umsätze tätigt und dem Handelsvertreter dadurch Provisionen entgehen. Hierbei steht dem Handelsvertreter ein Auskunftsanspruch gegen den Unternehmer zu. Er kann gerichtlich geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer die Auskunft (u.a. einen Buchauszug) nicht freiwillig erteilt. Sofern keine Ausschlussgründe vorliegen – beispielsweise ein Fehlverhalten, das zur fristlosen Kündigung des Handelsvertreters geführt hat –, errechnet sich der Ausgleichsanspruch mittels einer Prognose der Umsätze, die der Unternehmer mit den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden erzielen wird. Dabei sind auch Abzugsposten wie z.B. die zu erwartende Abwanderungsquote zu berücksichtigen. Der Höhe nach ist der Anspruch auf eine Jahresprovision begrenzt; sie errechnet sich aus dem Durchschnitt der Provisionsumsätze der letzten fünf Jahre (bzw. während der gegebenenfalls kürzeren Vertragsdauer).

Der Ausgleichsanspruch muss binnen eines Jahres nach der Vertragsbeendigung geltend gemacht werden, sonst verfällt er. In bestimmten Konstellationen steht auch einem Vertragshändler ein derartiger Ausgleichsanspruch zu.

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