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Ausgleichsanspruch: Wirkungen der rechtlichen Qualifizierung der Vertragsbeziehung

30/11/2023
| Michael Fries
Ausgleichsanspruch: Wirkungen der rechtlichen Qualifizierung der Vertragsbeziehung

Die Relevanz der rechtlichen Qualifizierung einer Vertragsbeziehung zeigte sich anlässlich eines jüngst durch den spanischen Obersten Gerichtshof entschiedenen Vertriebsrechtsstreits. Dem Rechtsstreit lag ein Vertrag zum Vertrieb von Softwarelizenzen zu Grunde. Die Vertragsparteien hatten die Vereinbarung rechtlich etwas ungenau als „Memorandum of Understanding“ bezeichnet, wobei eine Partei die Bezeichnung „Vertragshändler“ und die andere „Lizenzgeber“ führte. Die als Provision bezeichnete Vergütung des „Vertragshändlers“ bestand in einem Rabatt in Höhe der Bruttoverkaufsmarge auf die zum Weiterverkauf erworbenen Lizenzen. Der Vertrag wurde aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern beendet und der „Vertragshändler“ machte Ausgleichsansprüche aus Kundenstamm auf der Grundlage der als Rabatt gewährten Bruttomarge geltend.

Das Gericht Erster Instanz wies die Klage voll ab. Aus dem Vertragsinhalt ergäbe sich, dass es sich um ein gemischtes Vertragsverhältnis eines Handelsvertreter- und Vertragshändlervertrages gehandelt habe. Der Kläger habe die Höhe des Ausgleichsanspruchs nicht nachgewiesen, da er diesen auf der Grundlage der Bruttomarge berechnet habe und nicht der Nettoprovision unter Abzug der Kosten.

Das Provinzgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und sprach den Ausgleichsanspruch in der geltend gemachten Höhe (Bruttomarge) zu. Nach Auffassung des Berufungsgerichts käme es für den Ausgleichsanspruch nicht auf die rechtliche Qualifizierung des Vertragsverhältnisses an, da sowohl für den Handelsvertreter als auch den Vertragshändler ein Ausgleichsanspruch direkt oder analog aus Artikel 28 Handelsvertretervertragsgesetz bestehe.

Dem stimmte der spanische Oberste Gerichtshof nicht zu und hob das Berufungsurteil teilweise auf. Das Berufungsgericht hätte nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs wohl die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses bestimmen müssen, um die Höhe des Ausgleichsanspruches bestimmen zu können. Im Falle, dass es sich um ein gemischtes Vertragsverhältnis handelt, hätte es prüfen müssen, welche Vertragsmerkmale überwiegen. Dies aufgrund der unterschiedlichen Vergütungsarten zwischen Handelsvertreter (Provision) und Vertragshändler (Marge).

Im zu entscheidenden Fall habe das Vertragsverhältnis in einem Vertragshändlervertrag bestanden, da die vertraglichen Pflichten des Vertriebsmittlers über die einer bloßen Geschäftsförderung hinausgingen. Damit habe der Ausgleichsanspruch wie nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs festgelegt, auf der Grundlage der Nettomarge und nicht wie vom Provinzgericht angenommen, auf der Bruttomarge berechnet werden müssen. Die Nettomarge bestehe in der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis nach Abzug von Kosten und Steuern.

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