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Wie kann man den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vertraglich gestalten?

29/11/2024
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Wie kann man den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vertraglich gestalten?

Ein Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. So sagt es das deutsche Handelsgesetzbuch. Diese Regelung ist allerdings auch in die Handelsvertreterrichtlinie der EU eingeflossen und es gibt ähnliche Ansprüche in anderen Rechtsordnungen.
 
Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist für Unternehmen nicht nur lästig, sondern kann auch eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen, wenn das Vertragsverhältnis – aus welchem Grunde auch immer – endet. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Vertragsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des Unternehmers beendet wurde, weil der Handelsvertreter sich in grober Weise vertragswidrig verhalten hat. Aber selbst bei einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung entsteht dieser Anspruch. Lästig ist der Anspruch u.a. deshalb, weil der Handelsvertreter häufig versucht, seine Verhandlungsposition dadurch zu verbessern, dass er zunächst einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs geltend macht. Die Erstellung eines Buchauszuges kann – abhängig von der Art des Geschäfts – einen ganz erheblichen Aufwand verursachen und Unternehmer können geneigt sein, stattdessen mit einem großzügigen Angebot auf Zahlung eines Ausgleichsanspruchs zu reagieren.
 
Immer wieder fragen die Unternehmer, ob sie den Ausgleichsanspruch nicht bereits im Handelsvertretervertrag in einer günstigeren Weise regeln können. Das Gesetz ist auch insoweit ganz klar: Der Anspruch kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass Vereinbarungen über den Ausgleichsanspruch erst nach dem tatsächlichen Ende des Vertrages rechtlich durchsetzbar sind. Die bloße Kündigung des Vertrages reicht hierfür nicht, weil zwischen dem Zeitpunkt der Kündigung und dem effektiven Ende des Vertrages in der Regel noch geschäftliche Aktivitäten oder zumindest Umsätze stattfinden, die einen Einfluss auf die Höhe des Anspruchs haben können. Der Handelsvertreter soll nicht wegen Unkenntnis derartiger möglicherweise seinen Anspruch erhöhenden Umstände vorzeitig zum Abschluss von Vereinbarungen über den Ausgleichsanspruch verleitet werden. Möglich ist aber immer, das effektive Ende des Handelsvertretervertrages dadurch vorzuziehen, dass die Parteien - auch nach einer Kündigung - noch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages zu einem früheren Zeitpunkt vereinbaren. Dann kann auch wirksam eine Vereinbarung über den Ausgleichsanspruch getroffen werden. Wie erwähnt ist hier Vorsicht anzuraten, weil die Vereinbarung immer erst nach dem effektiven Ende wirksam geschlossen werden kann.

In der Praxis verwenden Unternehmen aber durchaus vertragliche Klauseln, in denen der Ausgleichsanspruch im Voraus gestaltet wird, beispielsweise indem Berechnungsmethoden für den Ausgleichsanspruch vereinbart werden. Wenn eine solche Regelung getroffen wird, müssen sich die Parteien darüber bewusst sein, dass sie nicht durchsetzbar sind, solange sich die Parteien nicht nach dem effektiven Ende des Vertrages genau auf einen solchen Modus einigen. Es besteht nämlich das Risiko, dass der Handelsvertreter nach Zahlung eines entsprechenden Betrages noch auf die Idee kommt, einen weitergehenden Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend zu machen, welcher der gesetzlichen Regelung entspricht. Besser ist auch in derartigen Konstellationen immer eine abschließende Regelung über den Ausgleichsanspruch (nach dem Ende des Vertrages) vorzusehen. Sonst gibt es erst nach Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist bzw. nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Rechtssicherheit.

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