Urteil Oberster Gerichtshof: “Nestmodell” nur in Ausnahmefällen
Der spanische Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.10. 2024 festgestellt, dass das sog. „Nestmodell“ im Rahmen des gemeinsamen Sorgerechts von Kindern im Falle einer Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe nicht so vorteilhaft für Familien ist, wie ursprünglich angenommen wurde und es nur dann angewendet werden kann, wenn beide Elternteile dies beantragen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dies bedeutet, dass das Modell von den Gerichten nicht mehr von Amts wegen angewendet wird.
Begriff des „Nestmodells“:
Das „Nestmodell“ entstand, als 2005 das gemeinsame Sorgerecht der alleinigen Sorgerechtsregelung vorgezogen wurde. Es bedeutet, dass die Kinder dauerhaft im Familienheim wohnen, während die Eltern abwechselnd dort das Besuchsrecht wahrnehmen.
Dieses „Nestmodell“ wurde ursprünglich als vorteilhafter für die Kinder angesehen, da es die negativen Auswirkungen der Trennung der Eltern reduzierte und den Kindern Stabilität gab. Sie konnten ihr Leben weiterhin in ihrem Zuhause und in ihrem Stadtviertel führen sowie ihre soziale Umgebung wie Schule, Freunde und Nachbarschaft bewahren, während die Eltern abwechselnd in das Familienheim zogen, um an den vereinbarten Tagen für die Kinder zu sorgen.
Zudem verhinderte dieses Modell Streitigkeiten um die Zuteilung der Familienwohnung, da sie keinem der Elternteile zugewiesen wurde und beide eine neue Wohnung suchen mussten.
Dieses Modell war nicht ausdrücklich in den spanischen Gesetzen vorgesehen, wurde aber von den Gerichten angewendet; wenn auch nicht ohne Kontroversen, da es in der Praxis viele Probleme der Koexistenz zwischen den Eltern aufzeigte, deren Unwohlsein sich dann auf die Kinder übertrug, was den gegenteiligen Effekt der gewünschten Stabilität hatte.
Probleme des Systems:
- Es ist finanziell kostspielig, drei Wohnungen zu unterhalten, was für die meisten Familien nicht möglich ist.
- Es verursacht Konflikte bei der täglichen Organisation des Haushalts der Kinder sowie der damit verbundenen Kosten.
- Es gibt kontinuierliche Koexistenzprobleme zwischen den Eltern, was zu einem negativen familiären Umfeld führt.
- Es ist auch nur vorübergehend schwer aufrechtzuerhalten, bis das vorherige Familienheim verkauft wird.
Fazit:
Dieses Urteil kann positiv angesehen werden, da es das „Nestmodell“ nur noch Option festlegt und die folgenden Anforderungen für seine Anwendung bestimmt:
- Die Eltern müssen es einvernehmlich beantragen.
- Die Familie muss über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um drei Wohnungen zu unterhalten.
- Die Eltern müssen ein sehr gutes Verhältnis zueinander haben und Erfahrungen der guten Zusammenarbeit in der Vergangenheit nachweisen.
- Das Modell darf nur dann angewendet und aufrechterhalten werden, wenn es im Interesse des Kindes ist.
Aus diesem Grund entscheidet sich der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil für das traditionelle System der Zuteilung der Familienwohnung an einen Elternteil, der dann das Besuchsrecht mit den Kindern in seiner eigenen, neuen Wohnung ausübt.