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Umsatzziele in Vertriebsverträgen

30/06/2021
| Michael Fries
Umsatzziele in Vertriebsverträgen

Die Vereinbarung von Umsatzzielen zählt zum Repertoire der Standardklauseln bei der Gestaltung von Vertriebsverträgen. Es soll damit gewährleistet werden, dass durch den Einsatz eines Handelsvertreters oder eines Vertragshändlers in einem bestimmten Vertragsgebiet ein gewisses Mindestgeschäftsvolumen generiert wird.

Es werden in der Regel jährliche Umsatzziele vereinbart. Diese können in konkreten Umsatzzahlen oder prozentualen Umsatzsteigerungen bestehen. Denkbar ist auch das Erreichen eines bestimmten Marktanteils in einem bestimmten Vertragsgebiet. Allerdings muss dann vertraglich definiert werden, wie sich der zu Grunde gelegte Marktanteil genau berechnet.

Wird ein Umsatzziel nicht erreicht, so sehen Vertriebsverträge oft vor, dass das Vertragsgebiet verkleinert werden kann oder dem Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt wird, einen weiteren Vertriebsmittler im betroffenen Vertragsgebiet zu bestellen.

Eine wesentliche Rechtsfolge des Nichterreichens der Umsatzziele kann der Verlust des Anspruchs auf Kundenstammausgleich und Schadensersatz bedeuten. Dann nämlich, wenn das Nichterreichen der Umsatzziele im Vertrag ausdrücklich als wichtiger Grund für die vorzeitige Vertragsbeendigung vorgesehen wurde. Nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung verliert ein Handelsvertreter oder ein Vertragshändler dann seinen Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch, wenn er eine seiner wesentlichen vertraglichen Pflichten nicht erfüllt hat.

Diese Regel gilt aber nicht in jedem Fall. So hatte kürzlich die 1. Kammer am Provinzgericht von Barcelona einen Fall zu entscheiden, in dem ein langjähriger Handelsvertretervertrag vom Unternehmen gekündigt wurde, weil der Handelsvertreter nicht die vertraglich vorgesehenen Umsatzziele erreicht hatte. Das Gericht entschied, dass dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zustand, weil er zwar nachweislich die vorgegebenen jährlichen Umsatzzahlen nicht erreicht hatte, aber die im Vertrag vorgesehenen Umsatzziele nicht als verbindlich zu betrachten gewesen seien.

Dies schloss das Gericht daraus, dass der Handelsvertreter während der mehr als 10-jährigen Vertragsdauer in keinem der Vertragsjahre annähernd den vereinbarten Mindestumsatz erzielt hatte und dies vom Unternehmen auch zu keinem Zeitpunkt angemahnt oder gerügt worden wäre. Die Umsatzziele seien darüber hinaus auch unrealistisch hoch angesetzt worden, weshalb es sich um nicht mehr als unverbindliche „Umsatzwünsche“ der Vertragsparteien handeln konnte.

Das Gericht erkennt in seiner Entscheidung zwar an, dass es sich um einen außergewöhnlichen Einzelfall handelt, sah aber das Nichterreichen der vertraglich vereinbarten Umsatzziele aufgrund der gelebten Vertragsbeziehung als Kündigungsgrund nicht ausreichend an. Es bestätigte daher sowohl den vom Handelsvertreter geltend gemachten Kundenstammausgleich als auch Schadensersatz wegen der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist.

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