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Spanien: Geltendmachung des Kundenstammausgleichsanspruches in der Insolvenz des Handelsvertreters

29/01/2021
| Michael Fries
Reclamación de la indemnización compensatoria por clientela en el concurso del agente

Dem Handelsvertreter, wie dem Vertragshändler, können bei Vertragsbeendigung Kundenstammausgleichs- und Schadensersatzansprüche zustehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Hersteller den Vertrag beendet, ohne dass dem Vertriebsmittler ein vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Kündigt hingegen der Handelsvertreter die Vertragsbeziehung, steht ihm grundsätzlich kein Ausgleichs- oder Schadensersatzanspruch zu. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kündigung auf einer Vertragsverletzung des Herstellers beruht.

Vor diesem Hintergrund ist fraglich, wie zu entscheiden ist, wenn der Handelsvertreter in die Insolvenz fällt und der Insolvenzverwalter die Vertragsbeziehung im Rahmen des Insolvenzverfahrens im „Konkursinteresse“ kündigt. Diese Fragestellung lag einem kürzlich durch den spanischen obersten Gerichtshof in Zivilsachen entschiedenen Sachverhalt zu Grunde (Urteil des Tribunal Supremo vom 16. Dezember 2020).

Klar ist die Rechtslage im Fall der Insolvenz des Herstellers. Hier kann der Handelsvertreter den Vertrag kündigen, ohne dass er automatisch seinen Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch verliert. In der Praxis scheitert der Ausgleichanspruch des Handelsvertreters meistens allerdings daran, dass der Hersteller abgewickelt wird, weshalb der vom Handelsvertreter gewonnene Kundenstamm für den Hersteller keine zukünftigen wirtschaftlichen Vorteile bringen kann.

Der oberste Gerichtshof hat in seinem erwähnten Urteil entschieden, dass etwas anderes gilt, wenn der Handelsvertreter seinerseits in die Insolvenz fällt und der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter den Handelsvertretervertrag mit dem Hersteller kündigt, weil dessen Fortführung die Aussichten der Insolvenzgläubiger auf Befriedigung ihrer Forderungen schmälert, d.h. also im „Konkursinteresse“. Für diesen Fall entschied der Gerichtshof, dass der Insolvenzverwalter keinen Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller geltend machen kann, obwohl die Vertragsbeendigung nicht auf einem vertragswidrigen Verhalten des Handelsvertreters beruhte.

Es gilt insoweit der Grundsatz, dass die Kündigung eines Vertragsverhältnisses „im Konkursinteresse“ durch den Insolvenzverwalter immer nur den Vertragspartner zur Geltendmachung von hieraus resultierenden Ausgleichs- oder Schadensersatzansprüchen berechtigt, aber niemals den kündigenden Insolvenzschuldner selbst.

Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Hersteller seine Vertragspflichten verletzt, weil er allein aufgrund der Insolvenz des Vertriebsmittlers (unberechtigt) seine Lieferpflichten nicht mehr erfüllt. Insoweit ist die Geltendmachung eines Ausgleichs- und Schadensersatzanspruches möglich, da die Vertragskündigung nicht „im Konkursinteresse“ erfolgen würde, sondern aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Herstellers. Dieser Anspruch muss vom Insolvenzverwalter außerhalb des Insolvenzverfahrens mittels der Einleitung eines ordentlichen Erkenntnisverfahrens gegen den Hersteller verfolgt und beigetrieben werden

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