Neues zur Besteuerung von Umsätzen aus Online-Veranstaltungsdienstleistungen (2)

In unserem Beitrag zur Ausgabe Mai 2024 dieses Newsletters hatten wir über ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 29.04.2024 (BMF III C 3 – S 7117-j/21/10002:004 DOK2024/0136327) zur steuerlichen Behandlung von Online-Veranstaltungsdienstleistungen und weiteren Online-Dienstleistungsangeboten berichtet.
Mit dem Schreiben vom 08.08.2025 (III C 3 – S 7117-j/00008/006/043, DOK COO.7005.100.3.12451642) hat das BMF nach teilweise heftiger Kritik nun seine Auffassung hinsichtlich der Steuerpflicht von Leistungen, die online live erbracht werden und zudem nachträglich als Aufzeichnung zur Verfügung stehen, geändert und die diesbezüglichen Regelungen des Umsatzsteueranwendungserlasses angepasst.
Wenn neben einer nach § 4 Nr. 21 und Nr. 22 UStG steuerfreien Live-Übertragung auch die zusätzliche Möglichkeit der Aufzeichnung besteht, wurde mit Hinweis auf den sog. Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung, wonach verschiedene Leistungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung eine einheitliche Leistung darstellen, umsatzsteuerlich einheitlich zu beurteilen sind, bislang stets eine insgesamt steuerpflichtige Gesamtleistung zum Regelsteuersatz von 19 % angenommen. Von zwei selbständigen und steuerlich getrennt zu beurteilenden Leistungen ging die Finanzverwaltung nur dann aus, wenn die Aufzeichnung gesondert zu vergüten war. Aus Sicht des leistenden Unternehmers ist diese Unterscheidung insbesondere für den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen relevant, die für die Leistungserbringung in Anspruch genommenen werden, da dieser ausscheidet, soweit die in Anspruch genommenen Leistungen ganz oder anteilig auf steuerfrei erbrachte online live Elemente entfällt (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG).
Unabhängig von der Frage, ob die Aufzeichnung gesondert zu vergüten ist oder nicht soll nun nach neuer Verwaltungsauffassung aus der Perspektive des Durchschnittsverbrauchers nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zu beurteilen sein, ob eine einheitliche Gesamtleistung oder mehrere selbständige Leistungen vorliegen. Leistungskombinationen aus Live-Unterricht und Aufzeichnung können daher gegebenenfalls nun wieder vollständig bzw. zumindest teilweise steuerfrei sein, Anbieter sollten ihre Schulungsangebote daher baldmöglichst überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Das neue BMF-Schreiben gilt in allen offenen, d.h. nicht bestandskräftig veranlagten Fällen. Im Rahmen einer Vertrauensschutzregelung können sich leistende Unternehmer bis Ende 2025 auf die Regelungen des BMF-Schreibens v. 29.04.2024 berufen. Ab 01.01.2026 sind die neuen Regeln einheitlich anzuwenden, was bei jahresübergreifenden Schulungsangeboten jedoch im Einzelfall gegebenenfalls zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen kann, soweit die Kurse umsatzsteuerlich erst mit Beendigung als ausgeführt gelten.