Kundenstammausgleich bei Beendigung eines gewerblichen Mietvertrages
Der Titel meines heutigen Artikels mag etwas überraschen, da es sich um eine Problematik handelt, die nicht dem Vertriebsrecht im engeren Sinne entspringt, sondern seinen Ursprung im gewerblichen Mietrecht hat. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine gesetzliche Regelung, die jüngst Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen ist und dort eindeutig, als „Kundenstammentschädigung“ klassifiziert wurde. Darüber hinaus ist es zweifelsfrei denkbar, dass eine solche Entschädigung im Falle von zu Zwecken einer Handelsvertretung angemieteten Geschäftsräumen geltend gemacht werden kann. Selbstverständlich ist dieser Entschädigungsanspruch bei Beendigung eines Mietvertrages vom Anspruch auf Kundenstammausgleich aufgrund der Beendigung eines Vertriebsvertrages zu unterscheiden, der sich nicht gegen den Vermieter, sondern den Hersteller der vertriebenen Produkte richtet.
Der Kundenstammausgleichsanspruch des Mieters aus der Beendigung eines Mietvertrages ist im Gesetz über das städtische Mietrecht geregelt und hat die folgenden Voraussetzungen: (1) Es muss sich um einen gewerblichen Mietvertrag im Sinne des Gesetzes handeln; d.h. Mietverträge über Wohnraum sind vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. (2) Die Mietdauer muss mindestens 5 Jahre betragen haben, in dem das Geschäftslokal dem Publikumsverkehr zu Verkaufszecken geöffnet gewesen ist. Hierbei wird davon ausgegangen, dass dieser Zeitraum ausreicht, um einen entschädigungsfähigen Kundenstamm aufzubauen. (3) Die Beendigung des Mietvertrages darf nicht aus vom Mieter zu vertretenden Gründen erfolgen. (4) Der Mieter muss mindestens 4 Monate vor Beendigung des Mietvertrages seine Absicht erklärt haben, das Mietverhältnis für mindestens 5 Jahre zu einem marktüblichen Mietzins fortführen zu wollen.
Die Höhe des Kundenstammausgleichs orientiert sich an der eventuellen Fortführung der Gewerbetätigkeit des Mieters (Handelsvertreters, Vertragshändlers) in einem anderen Geschäftslokal innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten. Führt der Mieter eine identische Gewerbetätigkeit in einem anderen Geschäftslokal im gleichen Gemeindegebiet fort, beschränkt sich die Entschädigung auf die Umzugskosten und den während der ersten 6 Monate des neuen Mietverhältnisses entstandenen Verlust von Kunden.
Etwas anderes gilt, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses innerhalb einer Frist von 6 Monaten eine andere oder keine Geschäftstätigkeit ausführt und der Vermieter oder ein Dritter in dem gekündigten Geschäftslokal die gleiche Gewerbstätigkeit wie zuvor der gekündigte Mieter ausübt. In diesem Fall steht dem gekündigten Mieter eine Entschädigung in Höhe von 1 Monatsmiete für jedes Vertragsjahr mit einer Höchstgrenze von 18 Monatsmieten zu.
Im Unterschied zum Kundenstammausgleich des gekündigten Handelsvertreters können die Parteien eines gewerblichen Mietvertrages die beschriebene Entschädigung vertraglich ausschließen oder reduzieren.