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Keine Reduzierung des Kundenstammausgleichs wegen Bekanntheit der Marke

28/11/2025
| Michael Fries
Keine Reduzierung des Kundenstammausgleichs wegen Bekanntheit der Marke

In einer jüngeren Entscheidung beschäftigte sich der oberste spanische Gerichtshof mit einer der zentralen Fragen im Bereich der Handelsvertreterverträge: dem Kundenstammausgleichsanspruch und die Grenzen seiner gerichtlichen Reduzierung.

Der Rechtsstreit entstand zwischen dem Unternehmen und dem Handelsvertreter nach der Beendigung einer mehr als zwanzigjährigen Vertragsbeziehung, die aus aufeinanderfolgenden befristeten Vertragsverhältnissen bestand. Der Handelsvertreter forderte eine Ausgleichszahlung für von ihm geworbene Kundschaft gemäß Artikel 28 des spanischen Handelsvertretervertragsgesetzes und argumentierte, dass die Vertragsbeendigung durch das Unternehmen verursacht worden sei, da das Unternehmen dem Handelsvertreter nachteilige wirtschaftliche Bedingungen auferlegte und nicht zu Verhandlungen gewesen sei.

In erster Instanz wurde der Klage teilweise stattgegeben und die Ausgleichszahlung auf 121.828,45 Euro festgesetzt, wobei eine Reduzierung von 60 % auf den aus dem Jahresprovisionsdurchschnitt der letzten fünf Jahre angewendet wurde. Grund für die Reduzierung war insbesondere die Bekanntheit der Marke (Vodafone). Das Berufungsgericht Barcelona erhöhte die Entschädigung auf 220.070,84 Euro und setzte aus dem gleichen Grund nur eine Kürzung von 40 % an.

Der Handelsvertreter legte Revision zum Tribunal Supremo ein und rügte die Verletzung von Artikel 28 des spanischen Handelsvertretergesetzes sowie der Europäischen Handelsvertreterrichtlinie 86/653/EWG, da die angewandte Kürzung den zwingenden Charakter der gesetzlichen Höchstgrenze für die Ausgleichszahlung verletze.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Argumentation des Handelsvertreters auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und der europäischen Vorgaben. Der Kundenstammausgleich habe zwingenden Charakter und jede vertragliche oder gerichtliche Begrenzung, die dieses Recht des Handelsvertreters auf die gesetzlich vorgesehene Höchstsumme einschränkt, sei als nichtig anzusehen. Das Urteil betont, dass die gesetzliche Höchstgrenze kein bloßer Referenzwert ist, sondern die tatsächliche Obergrenze, die der Gesetzgeber zum Schutz des Handelsvertreters festgelegt hat.

Das Gericht gab der Revision somit statt und setzte die Ausgleichsanspruch auf die volle durchschnittliche Jahresprovision in Höhe von 366.784,73 Euro fest, entsprechend dem Durchschnitt einer Jahresprovision des Vertreters in den letzten fünf Jahren, ohne jegliche Kürzung. 

Dieses Urteil stärkt den Schutz des Handelsvertreters gegenüber Versuchen, den Kundenstammausgleichsanspruch vertraglich oder gerichtlich zu begrenzen, und festigt die Rechtsprechung zum zwingenden Charakter der Regelungen des Handelsvertretervertragsgesetzes und zur Nichtigkeit einschränkender Vertragsklauseln. Das Gericht stellt klar fest, dass die Bekanntheit einer Marke nicht den gesetzlich zwingend vorgesehenen Ausgleichsanspruch vermindern kann. Es bleibt also für die sogen. Sogwirkung der Marke nach dem Verständnis des spanischen Gerichtshofs kein Raum.

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