Influencer = Handelsvertreter?
Die Figur des Influencers ist nicht mehr nur ein soziales Phänomen, sondern wird immer stärker von Unternehmen zu Werbezwecken genutzt. Aus diesem Grund hat der spanische Gesetzgeber im Rahmen des Verbraucherschutzes erst kürzlich im Königlichen Dekret 444/2024 vom 30. April die Influencer dem Verbot irreführender Werbung des Gesetzes zur Regelung der audiovisuellen Medien unterworfen. Die Norm gilt für natürliche und juristische Personen, die im Internet über Plattformen Videos veröffentlichen. Allerdings findet die genannte Regelung nur insoweit Anwendung als es sich bei dem betreffenden Influencer um einen Nutzer „von herausgehobener Bedeutung“ handelt. Dies sind nach der gesetzlichen Definition nur solche Influencer, deren Einnahmen für ihre Tätigkeit mehr als 300.000- € jährlich betragen, über 2.000.000 follower haben und jährlich mehr als 24 Videos veröffentlichen. Es liegt auf der Hand, dass damit die Mehrzahl der Influencer vom Geltungsbereich der die Interessen der Verbraucher schützenden Regelung ausgeschlossen sind.
Für die Bewertung, ob es sich bei einem Influencer um einen Handelsvertreter handelt, kommt es auf die vorgenannten Voraussetzungen nicht an. Ausschlaggebend ist die konkrete Ausgestaltung des Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmen, dessen Produkte oder Dienstleistungen der Influencer bewirbt.
Das spanische Handelsvertretervertragsgesetz definiert den Handelsvertreter wie folgt: Durch den Handelsvertretervertrag verpflichtet sich eine natürliche oder juristische Person, der Handelsvertreter, gegenüber einem anderen Unternehmer, dauerhaft bzw. ständig, als selbstständiger Vermittler fremdbestimmt Handelsgeschäfte, bzw. Handelsoperationen entgeltlich zu fördern oder diese in Vertretung für andere zu fördern und abzuschließen, ohne, sofern nichts Gegenteiliges vereinbart wurde, das Geschäftsrisiko zu übernehmen.
Alle diese Merkmale können von einem Influencer erfüllt werden. So haben Influencer oft „Influencer-Verträge“ mit Unternehmen, in denen sie sich verpflichten, in den von Ihnen veröffentlichten Videos konkrete Produkte einer bestimmten Marke zu bewerben. Im Rahmen dessen stellen sie ihren Followern Rabatt-Codes zur Verfügung, mit denen das Unternehmen, die durch den Influencer vermittelten Verkäufe ermitteln und registrieren kann. Der Influencer erhält hierfür dann eine entsprechende vertraglich vereinbarte Provision.
Die Konsequenzen der rechtlichen Einstufung des Influencers als Handelsvertreter sind gravierend für die Rechtsfolgen des Vertragsverhältnisses, da damit die Regelungen des Handelsvertretervertragsgesetzes zur Anwendung kommen, die fast sämtlich zwingenden Charakter haben. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Ausgleichspflicht des Unternehmens bei Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Bislang gibt es nur in Italien eine entsprechende Gerichtsentscheidung aus März dieses Jahres. Auch in Deutschland sind Influencer-Verträge Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten, allerdings in anderem Zusammenhang, gewesen. M.E. ist es nur eine Frage der Zeit, wann Influencer auch in Spanien die rechtlichen Perspektiven des Handelsvertretervertragsgesetztes erkennen, um entsprechende Ansprüche geltend zu machen.