Die rechtlichen Herausforderungen des Upcyclings | LEX | Das deutsch-spanische Rechtsportal Direkt zum Inhalt

Die rechtlichen Herausforderungen des Upcyclings

30/09/2025
| Vanessa-Ariane Guzek Hernando
Die rechtlichen Herausforderungen des Upcyclings

Am 10. April 2025 sprach das Pariser Zivilgericht in der Sache Hermès International ./. Maison R&C (AZ. 22-10720) ein Urteil, das für die gesamte Modebranche von erheblicher Tragweite ist. Hermès hatte gegen ein Unternehmen geklagt, das Levi’s-Jeansjacken durch Einsätze aus originalen Seidentüchern des Hauses „upgecycelt“ und anschließend unter Hinweis auf die Luxusmarke vermarktet hatte. Das Gericht stellte fest, dass sowohl Urheber- als auch Markenrechte verletzt worden seien. Insbesondere lehnte es den Einwand der „Erschöpfung“ ab, da die Modifikation über einen bloßen Weiterverkauf hinausging und geeignet war, das Ansehen der Marke Hermès zu beeinträchtigen. Nachhaltigkeits- und Kunstfreiheitsargumente wurden nicht als Rechtfertigung anerkannt. Die Pariser Entscheidung verdeutlicht, dass Upcycling im Luxussegment erhebliche rechtliche Risiken birgt, sobald geschützte Zeichen oder Designs Dritter einbezogen werden.

Die Entscheidung ist unmittelbar auf das europäische und spanische Markenrecht übertragbar. Nach Art. 9 Unionsmarkenverordnung (UMV) bzw. Art. 34 des spanischen Markengesetz (LM) steht dem Markeninhaber das ausschließliche Recht zu, die Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr zu kontrollieren. Zwar sehen Art. 15 UMV und Art. 36 LM die Erschöpfung nach rechtmäßigem Inverkehrbringen vor, doch entfällt sie, wenn „berechtigte Gründe“ bestehen, etwa bei Veränderung des Produkts oder Beeinträchtigung des Markenrufs. Der EuGH hat in Ford Motor Company (C-500/14) und Audi/GQ (C-334/22) betont, dass solche Einschränkungen eng auszulegen sind und das Ausnahmen wie die „Reparaturklausel“ oder der Hinweisgebrauch nicht in andere Schutzrechte übertragen werden dürfen. Upcycler können sich somit nicht pauschal auf Nachhaltigkeit oder Kreislaufwirtschaft berufen. Jede Modifikation, die eine Zustimmung des Markeninhabers suggeriert, eröffnet ein erhebliches Haftungsrisiko.

Für die Modebranche bedeutet dies, dass Upcycling rechtlich riskant ist, sobald geschützte Designs oder Marken erkennbar übernommen werden. Der Einwand der Erschöpfung des Markenrechts reicht nicht aus, wenn Produkte verändert oder in anderer Weise kommerziell neu inszeniert werden. Auch kann eine transparente Kennzeichnung wie „aus Hermès-Tuch gefertigt“ den Vorwurf der Markenverletzung nicht sicher ausräumen, wenn das Image der Luxusmarke beeinträchtigt wird. Praktisch folgt daraus, dass Unternehmen in Europa Upcycling-Projekte nur dann rechtssicher umsetzen können, wenn sie entweder mit den Markeninhabern kooperieren oder neutrale Materialien verwenden. Lizenzen, Kooperationen oder ausdrückliche Genehmigungen sind der sicherste Weg, Innovation und Nachhaltigkeit mit dem Schutz geistigen Eigentums zu vereinen. Ohne diese Absicherung drohen Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen und Imageschäden. 

Kategorien:

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Teilen Sie ihn in den sozialen Netzwerken!