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Außerordentliche Kündigung von Handelsvertreterverträgen

30/11/2023
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Außerordentliche Kündigung von Handelsvertreterverträgen

In vielen Bereichen des Produktvertriebs ist auch in Zeiten des Onlinehandels die Einschaltung von Handelsvertretern sehr nützlich, bei manchen Produkten ist sie gar nicht wegzudenken. Dies gilt insbesondere für komplexere Maschinen oder Anlagen, bei denen Handelsvertreter häufig auch viel technisches und branchentypisches Know-How mitbringen und für den Kunden vor und nach dem Abschluss eines Geschäfts beratend zur Seite stehen.

Irgendwann ist aber in vielen Handelsvertreterverhältnissen der Punkt gekommen, wo Produkthersteller sich von dem Handelsvertreter trennen möchten, und zwar ohne dass dies für sie große finanzielle Konsequenzen zur Folge hat. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass außerordentliche Kündigungen ausgesprochen werden, in der Hoffnung, damit den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach dem Handelsgesetzbuch auszuschließen. Dieser Ausgleichsanspruch basiert auf einer europäischen Richtlinie und gilt daher in unterschiedlicher Ausprägung in allen Ländern der Europäischen Union.

So einfach ist es aber nicht, einen Handelsvertreter um seinen Ausgleichsanspruch zu bringen. Denn eine außerordentliche Kündigung ist nur dann zulässig, wenn dem Unternehmer (Hersteller) ein wichtiger Grund zur Seite steht, der regelmäßig in der Person oder aus der Sphäre des Handelsvertreters stammen muss. Eine außerordentliche Kündigung ist nur dann wirksam, wenn dem Unternehmer wegen der Schwere eines vertragswidrigen Verhaltens nicht zuzumuten ist eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Die Frage, ob es dem Unternehmer zuzumuten ist, an dem Vertragsverhältnis festzuhalten, ist also in zweifacher Hinsicht auf Zumutbarkeit zu prüfen; zum einen, ob der Kündigungsgrund so gravierend ist, dass es dem Unternehmer nicht zuzumuten ist, den Vertrag fortzusetzen (z.B. wegen eines klaren Vertrauensbruchs) und zum anderen im Hinblick darauf, ob es dem Unternehmer nicht zumutbar ist, bis zum Ende des Ablaufs einer ordentlichen Kündigungsfrist weiter mit dem Handelsvertreter zusammen zu arbeiten.

Nur wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, gelingt eine außerordentliche Kündigung seitens des Unternehmers. Diese hat dann zur Folge, dass der gesetzliche Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters entfällt. Aber Achtung: Diese Rechtsfolge tritt nur dann ein, wenn der Kündigungsgrund bereits in dem Kündigungsschreiben konkret benannt wird. Insofern ist – anders als wenn es nur um die Wirksamkeit der Kündigung geht – ein Nachschieben von Gründen im Prozess nicht möglich.

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