Wann Schiedsgerichtsklauseln praktisch unumgänglich sind | LEX | Das deutsch-spanische Rechtsportal Direkt zum Inhalt

Wann Schiedsgerichtsklauseln praktisch unumgänglich sind

30/09/2024
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Wann Schiedsgerichtsklauseln praktisch unumgänglich sind

Häufig haben insbesondere mittelständische Unternehmen eine Abneigung gegenüber vertraglichen Schiedsgerichtsklauseln zur Streitbeilegung. Es herrscht das weit verbreitete Vorurteil vor, Verfahren vor Schiedsgerichten seien im Vergleich zu den staatlichen Gerichten zu teuer. Manchmal liegt es aber auch daran, dass der Ablauf von Schiedsgerichtsverfahren einfach nicht bekannt ist und dies zu der Zurückhaltung gegenüber derartigen Klauseln führt.

In der Tat ist die Welt der Schiedsgerichtsbarkeit nicht so einfach zu durchschauen. Es gibt weltweit eine große Zahl von Schiedsverfahrensorganisationen und -ordnungen. Allerdings sind aus europäischer Sicht einige wenige Schiedsgerichtsorganisationen führend, allen voran der ICC International Court of Arbitration.

Schiedsgerichtsverfahren sind – jedenfalls im Normalfall – schneller als Verfahren vor den staatlichen Gerichten – Ausnahmen bestätigen die Regel. Sie bieten den Vorteil, dass die Vertragsparteien bereits im Vorhinein die Sprache und den Schiedsort für das Verfahren frei wählen können. Sie müssen die Schiedsordnung bestimmen und können in der Regel auch die Anzahl der Schiedsrichter frei wählen – damit haben sie - jedenfalls teilweise - die potentiellen Kosten eines solchen Verfahrens unter Kontrolle. Schiedsverfahren bieten den weiteren Vorteil, dass sie privat und deshalb unter höchstmöglicher Geheimhaltung stattfinden; dies hat besondere Bedeutung, wenn im Verfahren Geschäftsgeheimnisse eine Rolle spielen und offenbart werden müssen. Auch die Schiedssprüche werden nur im Einverständnis mit den Parteien veröffentlicht.

In bestimmten Situationen ist die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsvereinbarung bei richtiger Beratung aber praktisch unumgänglich. Denn bereits bei Abschluss eines Vertrages müssen die Parteien im Auge haben, ob und wo das Ergebnis eines Rechtsstreits – sprich: ein Urteil – durchgesetzt werden kann bzw. muss. Innerhalb der Europäischen Union braucht man sich hierbei weniger Gedanken zu machen, weil die Anerkennung und Durchsetzung wechselseitig in allen Ländern der EU klar geregelt sind.

Aber was passiert, wenn der Gegner in Großbritannien oder in einem anderen Drittland sitzt? Von Fall zu Fall ist – natürlich schon vor Abschluss des Vertrages – zu prüfen, wie die Vollstreckbarkeit bei einem staatlichen Urteil geregelt ist. Nicht immer gibt es die hierfür erforderliche Gegenseitigkeit. Urteile von deutschen staatlichen Gerichten beispielsweise in China, Indien oder Russland vollstrecken zu müssen, ist entweder nicht möglich oder mit erheblichen Schwierigkeiten und zusätzlichem Aufwand verbunden. Deshalb kommt insofern in der Praxis nur die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsklausel in Betracht; denn Schiedssprüche sind in einem wesentlich weiteren Umfange im Ausland vollstreckbar. Auch hier ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob der Staat, in dem vollstreckt werden soll, der New York Convention on Recognition and Enforcement of International Foreign Awards beigetreten ist. Die Wahrscheinlichkeit ist aber ziemlich groß, denn es gibt mehr als 170 Vertragsstaaten weltweit.

Kategorien:

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Teilen Sie ihn in den sozialen Netzwerken!