Vorsteuerabzug bei Sachgründung einer GmbH durch Sacheinlage
In den Ausgaben Mai 2015, April 2016 und 2022 hatten wir über Rechtsprechung zu Fragen des Vorsteuerabzugs bei beabsichtigter, vollendeter und gescheiterter Gründung eines neuen Unternehmens, z.B. in der Rechtsform der GmbH, berichtet.
In diesem Kontext stellt sich bislang umsatzsteuerlich die Frage, ob (1) von dem bzw. den Gründern, (2) einer von mehreren Gründern vor der eigentlichen Unternehmensgründung ins Leben gerufenen sog. Vorgründungsgesellschaft (meist in der Rechtsform der steuerlich transparenten Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder (3) nach notarieller Gründung, jedoch vor rechtlicher Entstehung einer Kapitalgesellschaft durch Eintragung im Handelsregister, eine in Eingangsrechnungen für die im Vorfeld der Entstehung des neuen Unternehmens in Anspruch genommenen Lieferungen und Dienstleistungen steuerlich geltend gemacht werden kann und wie dieser Vorsteuerabzug verfahrensrechtlich geltend zu machen ist.
Die deutsche Finanzverwaltung hat sich hierzu in Abschnitt 15.2b Abs. 4 UStAE geäußert. Hiernach kann einem Gesellschafter bzw. einer Vorgründungsgesellschaft der Vorsteuerabzug auch aus einer selbst bezogenen Leistung zustehen, die der in Gründung befindlichen Gesellschaft später außerhalb eines Leistungsaustauschs zuwächst. Dies gilt sowohl für die Weiterleitung im Rahmen einer eigenen unternehmerischen Tätigkeit (z.B. über eine Geschäftsveräußerung im Ganzen) als auch bei Weiterleitung außerhalb einer solchen (z.B. Gründung durch nicht unternehmerisch tätige Privatperson). Voraussetzung ist jedoch jeweils, dass es sich aus Sicht der (geplanten) Gesellschaft um einen sog. Investitionsumsatz handelt und die beabsichtigte Tätigkeit der Gesellschaft einen Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Nicht begünstigt sind bezogene Leistungen, die generell nicht an die Gesellschaft übertragen werden können, sondern z.B. durch den Gesellschafter selbst genutzt oder verbraucht werden, oder die zwar von der Gesellschaft genutzt, aber nicht tatsächlich an sie übertragen werden (z.B. Beratungsleistungen).
In einem Urteil vom 03.04.2025 (5 K 111/24) hat das Finanzgericht (FG) Niedersachsen entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und des Bundesfinanzhofs (BFH V R 8/15 vom 11.11.2015) einer neu gegründeten GmbH direkt den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung gewährt, die einem bislang nicht unternehmerisch tätigen und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Gesellschafter einer GmbH nach notarieller Beurkundung der Gründung, aber vor Eintragung im Handelsregister (also im Stadium der sog. Vor-GmbH) für den Kauf eines Kfz gestellt wurde, welches dieser im Wege der Sacheinlage auf die GmbH übertrug. Nach Auffassung des FG müsse in der Gründungsphase nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 29.04.2004 (C-137/02, Faxworld) zur Sicherstellung des Neutralitätsgrundsatzes umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung des Erwerbs erfolgen, wenn das Wirtschaftsgut von der GmbH für ihre wirtschaftliche Tätigkeit unternehmerisch genutzt werde. Abzuwarten bleibt, ob der BFH diese Sichtweise im laufenden Revisionsverfahren (XI R 13/25) bestätigt.