Vertriebsverträge und wirtschaftliche Abhängigkeit in Spanien: mögliches unlauteres Verhalten
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In Spanien sind Vertriebsvereinbarungen aufgrund einer fehlenden ausdrücklichen Regelung atypisch. Daher können in Analogie die allgemeinen Regelungen für Verträge des spanischen Handelsgesetzbuches (Código de Comercio), Zivilgesetzbuches (Código Civil) und unter bestimmten Umständen des spanischen Handelsvertretervertragsgesetzes (Ley de Contrato de Agencia) angewandt werden.
Darüber hinaus müssen Vertriebsvereinbarungen die wettbewerbsrechtlichen und ggf. branchenspezifischen Vorschriften einhalten.
Vertriebsverträge sind in der Regel Dauerschuldverhältnisse und können Exklusivitätsklauseln für den Vertragshändler sowie bestimmte Gebietsbeschränkungen enthalten. Zuweilen kann der Hersteller eine marktbeherrschende Stellung gegenüber dem Vertragshändler einnehmen, der sich wiederum in einer Situation der wirtschaftlichen Abhängigkeit befinden kann. Allerdings verstößt weder die Marktbeherrschung noch die wirtschaftliche Abhängigkeit per se gegen die Bestimmungen zu Wettbewerbsschutz und unlauterem Wettbewerb.
Unlauteres Verhalten würde sich dann einstellen, wenn diese Situationen ausgenutzt würden. Dies träfe bspw. dann zu, wenn ein marktbeherrschender Hersteller seine Position missbrauchte, um einem wirtschaftlich abhängigen Vertragshändler unbillige Vertragsbedingungen aufzuerlegen. Auch die fristlose Vertragskündigung könnte als unlauter angesehen werden, wenn der Vertragshändler wirtschaftlich abhängig und eine Exklusivitätsklausel vereinbart worden wäre.
Nach Artikel 16.2 des spanischen Gesetzes zu unlauterem Wettbewerb (Ley de Competencia Desleal, LCD) gilt eine Ausnutzung der wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Unternehmens dann als unlauter, wenn dieses keine gleichwertige Alternative hat. Eine solche Ausnutzung würde angenommen, wenn ein Hersteller seinem Vertragshändler zusätzlich zu den üblichen Rabatten oder Bedingungen regelmäßig weitere Vorteile einräumen müsste, die er anderen ähnlichen Vertragshändlern nicht gewährt.
Eine wirtschaftliche Abhängigkeit läge vor, wenn der Vertragshändler aufgrund der Marktmacht des Herstellers keine gleichwertige Alternative für die Ausübung seiner Tätigkeit auf dem Markt hätte. In diesem Sinne wäre der relevante Markt zu ermitteln, um festzustellen, ob tatsächlich eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht. Diese Analyse des relevanten Marktes ermöglichte eine Einschätzung, ob es für den wirtschaftlich abhängigen Vertragshändler gleichwertige Alternativen gäbe.
Würde das Bestehen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nachgewiesen, würde auch die einseitige, fristlose Kündigung des Vertrags oder deren Androhung mit gleichzeitiger Forderung der Einräumung besonderer Vorteile durch den Hersteller (siehe dazu Artikel 16.3 LCD) als unlauter angesehen. Eine fristlose Kündigung hätte die Abgrenzung der entsprechenden vertraglichen Verantwortlichkeiten zur Folge, unabhängig davon, ob der Händler gerichtlich die Feststellung des unlauteren Verhaltens und entsprechenden Ersatzes für den seiner Wettbewerbsposition entstandenen Schaden geltend gemacht hat.