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Vertragshändler: Verpflichtung zur Herausgabe der Kundenliste

29/10/2021
| Michael Fries
Vertragshändler: Verpflichtung zur Herausgabe der Kundenliste

Das Provinzgericht Barcelona hatte in einem Rechtsstreit jüngst darüber zu entscheiden, ob ein Händler gegenüber dem Hersteller verpflichtet ist, bei Vertragsbeendigung seine Kundenliste herauszugeben. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Hersteller den Vertriebsvertrag nach 6 Jahren gekündigt und die Lieferungen eingestellt. Der gekündigte Händler klagte auf Schadensersatz wegen Nichtlieferung einer noch vor Vertragsende abgegebenen Bestellung. Der Hersteller argumentierte, dass dem Händler kein Schadensersatz zustehe, da er seine vertraglichen Verpflichtungen verletzt habe, da er sich geweigert hatte, seine Kundenliste an den Hersteller herauszugeben.

Das Provinzgericht entschied, dass der Händler nicht zur Übergabe der Kundenliste verpflichtet war. Eine solche Verpflichtung könne sich nur aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertragshändlervertrag ergeben. Dieser sah aber gerade keine entsprechende Verpflichtung vor. Zwar hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass der Händler bei Vertragsende, das ihm zur Verfügung gestellte Werbematerial zurückzugeben hatte, aber der Vertrag enthielt an keiner Stelle einen Hinweis auf eine Pflicht zur Herausgabe der Kundenliste. Eine gesetzliche Herausgabeflicht ergibt sich ebenso wenig aus einer analogen Anwendung des Handelsvertretergesetzes noch den allgemeinen zivil- oder handelsrechtlichen Vorschriften.

Das Provinzgericht gab somit der vom Händler erhobenen Klage auf Schadensersatz in Höhe des wegen der vom Hersteller nicht ausgeführten letzten Lieferung wegen des ihm hierdurch entgangenen Gewinns statt.

Im vorliegenden Fall hatte der Händler nur auf Schadensersatz geklagt. Hätte der Händler (auch) auf Ausgleich des von ihm generierten Kundenstamms geklagt, kann angenommen werden, dass das Gericht einem solchen Anspruch nicht stattgegeben hätte, wenn der Händler die Herausgabe der Kundenliste verweigert hätte. Zwar besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Preisgabe der Kunden bei Vertragsbeendigung durch den Händler, allerdings kann sich ein Ausgleichanspruch nur aus der analogen Anwendung des Handelsvertretergesetzes auf den Händler ergeben. Voraussetzung für die analoge Anwendung ist aber, dass die Position des Händlers im konkreten Fall mit der eines Handelsvertreters zu vergleichen ist. Die Kunden des Handelsvertreters sind dem Prinzipal aber immer bekannt, während diese es im Falle des Vertragshändlers dem Hersteller nicht sind, da der Händler auf eigene Rechnung die Waren oder Dienstleistungen verkauft und somit die Kunden der Kenntnis des Herstellers entzogen sind.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Verweigerung der Übergabe der Kundenliste grundsätzlich keine Vertragsverletzung des Händlers darstellt. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn die Parteien im Vertrag ausdrücklich diese Übergabe vereinbart haben. Verweigert der Händler in diesem Fall die Herausgabe der Kundenliste, verletzt er seine Vertragspflichten, was zum Verlust ihm zustehender Schadensersatz- und Ausgleichsansprüche führen kann.

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