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Urteil des EuGH zur gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS)

31/10/2025
| Sven Wassmer
Urteil des EuGH zur gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS)

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat sich kürzlich zur Wirksamkeit und gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) geäußert, in seinem Urteil vom 1. August 2025 in der Rechtssache C-600/23 („Seraing“).

Das Urteil betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen des belgischen Kassationshofs („Cour de cassation“) im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem belgischen Club RFC Seraing und der FIFA, UEFA sowie dem belgischen Fußballverband. Hintergrund sind Sanktionen der FIFA im Zusammenhang mit Verträgen über die Abtretung von wirtschaftlichen Rechten an Spielern, die zwischen dem Verein und der Finanzgesellschaft Doyen Sports Investment Ltd geschlossen wurden. Mit Schiedsspruch vom 9. März 2017 bestätigte der CAS die Sanktion gegen den Verein, wobei das Verbot der Registrierung von neuen Spielern auf drei Transferperioden reduziert wurde.

Der RFC Seraing beantragte vor belgischen Gerichten die Überprüfung des Schiedsspruchs, und letztlich die Aufhebung der Sanktionen.

In einem Urteil von großer Bedeutung für den CAS und die Sport-Schiedsgerichtsbarkeit erklärt der EuGH es für nicht vereinbar mit dem Recht der UE, einem CAS-Schiedsspruch in einem Mitgliedstaat Rechtskraft und Beweiswirkung zuzuerkennen, wenn dieser nicht zuvor von einem nationalen Gericht überprüft wurde, welches berechtigt ist, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, um die Kontrolle der Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit Grundrechten sowie mit den Prinzipien der öffentlichen Ordnung („Ordre Publique“) der EU zu garantieren. Der EuGH bekräftigt damit die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung von CAS-Schiedssprüchen durch nationale Gerichte.

Grundlegendes Motiv des Urteils ist die Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die Bürger, welche Anspruch auf Zugang zu einer wirksamen Justiz in den durch das Unionsrecht erfassten Bereichen haben.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Einstufung dieses Verfahrens vor dem CAS als „erzwungene Schiedsgerichtsbarkeit“. Die FIFA-Regularien verpflichten Vereine dazu, Sanktionen vor dem CAS anzufechten. Es handelt sich daher nicht um eine freiwillige, sondern um eine durch FIFA auferlegte Schiedsgerichtsbarkeit, was die Notwendigkeit einer gerichtlichen Kontrolle zusätzlich unterstreicht. Dies erscheint logisch, wenn ein Beteiligter zur Teilnahme am Schiedsverfahren verpflichtet ist und sich dieses gegen eine Organisation mit Sanktionsbefugnissen richtet – in solchen Fällen ist ein verstärkter Schutz des Beteiligten geboten.

Obwohl das Urteil zweifellos erhebliche Auswirkungen auf den CAS und die internationale Sport-Schiedsgerichtsbarkeit hat, da es die Tür zur gerichtlichen Überprüfung öffnet, ist sein Anwendungsbereich auf die EU beschränkt und betrifft primär fundamentale Fragen wie Grundrechte und die öffentliche Ordnung. Grundsätzlich bleiben CAS-Schiedssprüche also weiterhin gültig und anwendbar, und ihre gerichtliche Überprüfung stellt die Ausnahme dar.

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