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Scheinselbstständigkeit: Warum Sie Personen in Spanien nicht auf diese Weise einstellen sollten

31/10/2022
| Karl H. Lincke, Carlos Rivero Briegas
Scheinselbstständigkeit: Warum Sie Personen in Spanien nicht auf diese Weise einstellen sollten.

Seit einigen Jahren findet sich in Spanien vermehrt das Phänomen der Scheinselbstständigkeit in kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Im jüngsten Fall hat die Aufsichtsbehörde dem Lieferservices „Glovo“ aufgrund von Scheinselbstständigkeit sowie „schwerwiegendster Behinderung“ ihrer Arbeit eine Geldstrafe von fast 79 Millionen Euro auferlegt.

Was ist Scheinselbstständigkeit? Als „Scheinselbstständiger“ wird in Spanien eine Person bezeichnet, die trotz eines klassisch arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses mit einem Unternehmen in das System für Selbstständige der Sozialversicherung (Régimen Especial de Trabajadores Autónomos, kurz: RETA) aufgenommen wird. Die Person arbeitet also innerhalb des Unternehmens wie ein Arbeitnehmer - in vollständiger wirtschaftlicher Abhängigkeit, für eine andere Person, fremdbestimmt und gegen Entgelt. Gleichzeitig genießt die Person aber nicht die Vorteile eines Arbeitnehmers. So zahlt sie ihre eigenen Sozialversicherungsbeiträge und kann keine Arbeitnehmerrechte aus dem Arbeitnehmergesetz (Estatuto Trabajadores, kurz: E.T.) oder dem jeweiligen Tarifvertrag für ihre Berufsgruppe geltend machen. Das verkürzt meist ihre Ansprüche auf bezahlten Urlaub, Mindestlohn und vergütete Krankschreibungen. Daher stellt die Scheinselbstständigkeit einen groben Verstoß gegen Arbeitnehmerrechte dar.

Welche Nachteile kann einem Unternehmen aus der Scheinselbstständigkeit entstehen? In Spanien ist die Scheinselbstständigkeit illegal und meist leicht nachweisbar. Das gilt besonders, wenn der Scheinselbstständige zuvor die Anerkennung seiner Beschäftigung als Arbeitsverhältnis durch das Unternehmen gefordert hat.

Im Wesentlichen muss das Unternehmen mit folgenden Konsequenzen rechnen:

  • Es muss im Falle einer Kündigungsschutzklage die maximale gesetzliche Entschädigung zahlen.
  • Die Aufsichtsbehörde kann ein Bußgeld zwischen 3.126 und 10.000 Euro festsetzen.
  • Ihm droht die Nachforderung der Sozialbeiträge des Scheinselbständigen für die letzten vier Jahre, zuzüglich einer Geldstrafe in Höhe von 100 bis 150 % der nicht gezahlten Beträge.
  • Für jedes einzelne Scheinselbstständigkeitsverhältnis drohen dem Unternehmen Sanktionen im beschriebenen Maße.

Was kann das Unternehmen tun, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden?

  • Das Unternehmen sollte einen eindeutigen handelsrechtlichen Vertrag (contrato mercantil) mit dem Selbstständigen schließen, der seinem Inhalt nach nicht als Arbeitsvertrag qualifiziert werden kann, 
  • weil seine vollständige Unabhängigkeit ausreichend festgehalten ist. Dazu gehört insbesondere,
    • A. dass der Selbstständige für seine Arbeit seine eigenen Mittel, Instrumente oder Geräte verwendet.
    • B. dass der Selbstständige seine Arbeitsstunden autonom bestimmt, einschließlich seiner Urlaubstage.
    • C. dass der Selbstständige sein Entgelt frei mit dem Unternehmen aushandelt.

Um eine Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, empfiehlt sich daher eine rechtliche Beratung vor Abschluss jedes Vertrages mit einem Selbstständigen.

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