San Francisco oder Berlin? Gerichtsstandsvereinbarungen bei internationalen Vertragshändlerverträgen
Wie wichtig gut gestaltete Gerichtsstandsvereinbarungen für den Erfolg bei rechtlichen Auseinandersetzungen sind, kann gar nicht oft genug betont werden. Dies gilt vor allem im internationalen Umfeld. Aber auch Gerichtsstandsvereinbarungen selbst sind häufig Gegenstand von Streitigkeiten. So hat das Kammergericht Berlin (es entspricht einem Oberlandesgericht) kürzlich die Frage beurteilt, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem Reseller Agreement auch dann wirksam ist, wenn dadurch de facto ein Gericht mit der Sache befasst wird, das nicht von Amtswegen eine analoge Anwendung des deutschen Ausgleichsanspruchs nach Handelsvertreterrecht erwägen wird. Nach dem Vertrag sollte der Gerichtsstand in San Francisco, Kalifornien/USA liegen. Kläger war der irische Reseller von Software-Dienstleistungen, das Vertragsgebiet lag in Irland, Malaysia, aber auch in Deutschland. Das beklagte Unternehmen hat seinen Sitz in Kalifornien.
Warum hat dann der irische Reseller überhaupt in Berlin/Deutschland Klage gegen das US – Unternehmen erhoben?
Der Reseller versprach sich davon, dass es ihm gelingen könnte, auf diese Weise einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des deutschen Handelsvertreterrechts zu erlangen, den ihm das kalifornische Gericht nicht zusprechen würde. Das Kammergericht Berlin hat nun aber in einem Hinweisbeschluss klargestellt, dass es selbst nicht zuständig ist, weil es die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung für wirksam hält. Der irische Kläger hätte vor das Gericht in San Francisco ziehen müssen. Anders als in vergleichbaren Fällen von Handelsvertreterverträgen wird dem Kläger in einem Fall eines Vertragshändlervertrages (das Reseller Agreement ist ein Unterfall davon) kein nach dem deutschen (und europäischen) Recht zwingend vorgeschriebener Anspruch (eben der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB) vorenthalten, weil ein solcher Anspruch bei einem Vertragshändler „nur“ von der deutschen Rechtsprechung entwickelt worden ist, nicht aber auf europarechtlichen Vorgaben beruht. In diesem Zusammenhang wird auch damit argumentiert, dass die Ausdehnung des Ausgleichsanspruchs durch die deutsche Rechtsprechung, die unter bestimmten Umständen auch einem Vertragshändler einen solchen Anspruch zubilligt, nicht europarechtlich abgesichert und damit nicht „international zwingend“ ist. Vor diesem Hintergrund besteht in ähnlichen international geprägten Vertragssituationen eine größere Freiheit der Parteien, das anwendbare Recht und den Gerichtsstand zu wählen. Im konkreten Fall haben sie dies durch die Wahl des Gerichts in San Francisco, USA, getan und nach der wohl zutreffenden Ansicht des Kammergerichts Berlin ist hieran nicht zu rütteln. Für die Vertragsgestaltung gibt dies auf jeden Fall Rechtssicherheit.