Rügeobliegenheit im zweiten Nachprüfungsverfahren
In einem Vergabeverfahren nahm der Auftraggeber die Wertung der Angebote anhand eines Punktesystems vor. Ein Bieter stellte nach erfolgloser Rüge einen Nachprüfungsantrag mit der Begründung, sein Angebot sei fehlerhaft bewertet worden. Bei korrekter Anwendung der bekanntgemachten Wertungskriterien müsse sein Angebot in allen Kriterien die Höchstpunktzahl erreichen. In diesem Verfahren nahm der Bieter Akteneinsicht und konnte erkennen, mit welcher Punktzahl der Auftraggeber sein Angebot in den einzelnen Kriterien gewertet hatte.
Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag statt, da die Wertung einzelner Kriterien beurteilungsfehlerhaft sei. Der Auftraggeber bewertete sodann die durch die Vergabekammer beanstandeten Kriterien neu. In den übrigen Kriterien blieb die Wertung unverändert. Abermals rügte der Bieter die Bewertung und erhob einen zweiten Nachprüfungsantrag, wieder mit der pauschalen Begründung, dass er bei richtiger Wertung die Höchstpunktzahl erhalten müsse.
Nach dem Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 22.09.2016 (VK2– 89/16) ist der zweite Nachprüfungsantrag unzulässig, weil der Bieter seiner Rügeobliegenheit nicht ausreichend nachgekommen ist. Nachdem der Bieter in dem ersten Nachprüfungsverfahren Akteneinsicht genommen hatte und die Wertung der einzelnen Kriterien kannte, hätte er vor Einleitung des zweiten Verfahrens vereinzelt rügen müssen, warum er die Wertung für fehlerhaft hielt. Der pauschale Vortrag, sein Angebot sei in allen Kriterien mit der Höchstpunktzahl zu bewerten, war nicht ausreichend.
Praxishinweis: Vergaberechtsverstöße sind so detailliert wie möglich zu rügen. Liegen Informationen aus Akteneinsicht vor, müssen sämtliche daraus erkennbare Verstöße gerügt werden. Andernfalls ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.