Praktische Aspekte der Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat der EU
In Fortsetzung der Analyse der Verordnung (EU) 2020/1783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (Beweisaufnahme) ist ein praktischer Aspekt im Zusammenhang mit den Methoden der Beweisaufnahme hervorzuheben.
Die Verordnung sieht zwei Modalitäten für die Durchführung der Beweisaufnahme vor, je nachdem, welches Gericht die Beweisaufnahme durchführt.
Soll das ersuchte Gericht die Beweisaufnahme durchführen, so muss das ersuchende Gericht mit dem Formblatt A der Verordnung um die Durchführung der Beweisaufnahme ersuchen. Das ersuchte Gericht verfügt über eine Frist von höchstens 90 Tagen, um das Ersuchen zu erledigen. Die Erledigung des Ersuchens erfolgt nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts, es sei denn, das ersuchende Gericht beantragt eine Beweisaufnahme nach einem in seinem Recht vorgesehenen besonderen Verfahren, dem das ersuchte Gericht gemäß Artikel 12 Absatz 3 nur dann widersprechen kann, wenn dies “mit seinem nationalen Recht unvereinbar wäre oder dem ersuchten Gericht wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich” wäre.
Alternativ dazu sieht Artikel 19 die Möglichkeit der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht vor. Dazu ist eine vorherige Genehmigung der Zentralstelle oder der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates erforderlich. Jeder Staat muss eine Zentralstelle benennen, die die Aufgabe hat, die Gerichte zu informieren und bei Schwierigkeiten mit dem Ersuchen Lösungen vorzuschlagen.
Eine solche Beweisaufnahme ist nur dann möglich, wenn sie “freiwillig und ohne Einsatz von Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden kann”, wie es in Artikel 19 Absatz 2 heißt. Unausweichlicherweise muss die unmittelbare Beweisaufnahme nach Artikel 19 Absatz 3 "von einem Gerichtsangehörigen oder von einer anderen Person wie etwa einem Sachverständigen durchgeführt [werden], der/die nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts bestimmt wird”.
Es sei darauf hingewiesen, dass die oben genannten und analysierten Artikel von besonderer Bedeutung sind, vor allem wenn sich die zu vernehmende Person in einem anderen Mitgliedstaat befindet. Die in der Verordnung (EU) 2020/1783 festgelegten Regeln für die Beweisaufnahme sollten eingehalten werden, um zu verhindern, dass diese Verfahrenshandlungen angefochten werden, weil das in der Verordnung vorgesehene Verfahren nicht befolgt worden ist.