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Neues zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen ins Ausland

31/05/2024
| Frank Behrenz
Neues zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen ins Ausland

In unseren Beiträgen zu den Ausgaben November 2022 und September 2023 hatten wir über die Neufassung der Funktions-
verlagerungsverordnung (FVerlV) ab dem 01.01.2022 sowie die sog. Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 berichtet, die für die Beurteilung der gesetzlich geregelten Funktionsverlagerung in das Ausland zu beachten sind, die im Ergebnis wie eine teilweise Veräußerung eines Unternehmens behandelt wird und damit je nach Wert des sog. Transferpakets eine erhebliche Steuerbelastung in Deutschland auslösen kann.

In einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 09.08.2023 (I R 54/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zum gesetzlich verwendeten aber nicht definierten Begriff der Funktionsverlagerung Stellung genommen und von dem Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) abgegrenzt.

Im Streitfall ging es um die steuerliche Behandlung der Verlagerung von personal- und arbeitszeitintensiven Fertigungsverfahren der Produktion einer deutschen Kapitalgesellschaft für einen bestimmten externen Kunden auf eine Schwestergesellschaft mit niedrigerem Lohnniveau im Ausland. Nach Auffassung des BFH ist als Funktion ein organischer Teil eines Unternehmens anzusehen, ohne dass ein sog. Teilbetrieb im steuerlichen Sinne vorliegen muss, worunter ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organischer Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen ist, der für sich allein lebensfähig ist. Die Überleitung der Geschäftsbeziehung mit einem bestimmten Kunden ist nach Auffassung des BFH nicht als organischer Teil eines Unternehmens zu qualifizieren, allerdings kann die Überleitung der Kundenbeziehung mit der damit verbundenen Geschäftschance als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sein, wenn die Konditionen für die Überleitung nicht den Bedingungen entsprechen, die fremde Dritte vereinbart hätten. Für die Beratungspraxis von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang eine nicht entscheidungserhebliche Bemerkung im Rahmen der Begründung des Urteils (sog. obiter dictum), wonach es für das Vorliegen einer Funktionsverlagerung wohl unerheblich sei, ob das verlagernde Unternehmen die Funktion im Inland zukünftig weiter uneingeschränkt ausüben kann oder nicht, relevant sei im Rahmen des erforderlichen Fremdvergleichs im Rahmen der Funktionsverlagerung allenfalls, ob ein fremder Dritter bereit gewesen wäre, für die Überleitung der Funktion ein Entgelt zu zahlen.

Nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urteil vom 16.03.2003, 10 K 310/19) liegt keine Funktionsverlagerung vor, wenn weder Wirtschaftsgüter noch sonstige Vorteile oder Geschäftschancen übertragen werden, noch eine kausale Verknüpfung zwischen der Übertragung von Vorteilen im weitesten Sinne und der Übertragung der Befähigung, eine Funktion auszuüben, besteht, was etwa der Fall sein kann, wenn ein aufnehmendes Unternehmen bereits vorher in der Lage war, die fraglichen Produkte zu produzieren und zu vertreiben. Die Richtigkeit dieser Feststellung ist Gegenstand eines weiteren Revisionsverfahrens (BFH I R 43/23).

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