Neues zu den Voraussetzungen der Steuerbarkeit der Leistungserbringung durch Gesellschafter
Im Rahmen der unternehmerischen Zusammenarbeit auf bestimmte Zeit (z.B. bei Arbeitsgemeinschaften zur Realisierung eines Projekts oder Projektgesellschaften) oder auf unbestimmte Zeit (z.B. im Rahmen eines Joint Ventures) stellt sich die Frage, welche der im Rahmen der Zusammenarbeit vereinbarten Leistungen der Gesell-
schafter an die Gesellschaft als nicht umsatzsteuerbarer Gesellschafterbeitrag anzusehen sind und welche auf einem gesonderten schuldrechtlichen und umsatzsteuerbaren Austauschverhältnis beruhen.
Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Leistungen richtet sich grundsätzlich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen gesondertes Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen umsatzsteuerlich relevanten Leistungsaustausch gerichtet sind. Von Relevanz ist die Frage vor allem für Leistungen der Gesellschafter, für die mit Vorsteuer belastete Eingangsleistungen in Anspruch genommen werden, da der Bezug von Leistungen zur Erfüllung eines Gesellschafterbeitrages grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wird für Leistungen des Gesell-
schafters an die Gesellschaft neben einem Sonderentgelt auch eine gewinnabhängige Vergütung gezahlt (sog. Misch-
entgelt), sind nach Auffassung der Finanzverwaltung das Sonderentgelt und die gewinnabhängige Vergütung umsatz-
steuerrechtlich getrennt zu beurteilen (Abschnitt 1.6 Abs. 5 Satz 1 UStAE).
Neue Aspekte der Thematik wurden durch ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Bundefinanzhofs (BFH) vom 12.10.2023 (V R 11/21) beleuchtet. Im Streitfall verpflichtete sich der Gesellschafter einer Projektgesellschaft in der Rechtsform der Personengesellschaft, für diese ein speziell für deren Zwecke geeignetes Gebäude zu errichten und dieses der Gesell-
schaft in der Folge für zwanzig Jahre unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen, wobei die Gesellschaft ab einer bestimm-
ten Höhe zur Übernahme der Baukosten verpflichtet war. Diesen Mehrbetrag stelle der Gesellschafter der Gesellschaft nach Fertigstellung des Gebäudes auch mit Ausweis der Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe in Rechnung. Nach Auf-
fassung des BFH kann in einem solchen Fall trotz vereinbarter Unentgeltlichkeit der späteren Nutzungsüberlassung eine – dieser vorgeschaltete – entgeltliche Bebauungsleistung des Gesellschafters vorliegen, die Tatsache, dass das Entgelt für diese Leistung nicht alle Baukosten der Gesellschafterin deckte, stehe der Annahme eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs nicht entgegen. Es stelle sich allerdings die Frage, ob wegen des gesellschaftsrechtlich bedingten Näheverhältnisses der am Leistungsaustausch beteiligten Parteien die Regelungen zur sog. Mindestbemessungs-
grundlage (§ 10 Abs. 5 UStG, Art. 80 Abs.1 i.V.m. Art. 72 MwStSystRL) anzuwenden seien, da der Gesellschafter an die Gesellschaft eine Leistung erbracht habe, deren Gegenleistung lediglich nach einem Teil der Kosten berechnet wurde.
Die durch das Urteil eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten sollten in der Praxis genutzt werden.