Leih- und Zeitarbeit in Spanien – Grundlagen und aktuelle Reformen

Die Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung in Spanien erfolgt primär über die sogenannten empresas de trabajo temporal (ETT), die nach Maßgabe des Gesetzes 14/1994 und des Estatuto de los Trabajadores staatlich zugelassen werden müssen. Die ETT schließen mit den überlassenen Arbeitnehmern einen regulären Arbeitsvertrag ab und stellen diese sodann Unternehmen zur temporären Beschäftigung zur Verfügung. Üblicherweise handelt es sich dabei um befristete Arbeitsverhältnisse zur Abdeckung von Produktionsspitzen, Vertretungen oder saisonalen Anforderungen, wobei unbefristete Arbeitsverträge ebenfalls möglich sind.
Rechtlich relevant ist insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung: Zeitarbeitnehmer sind hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Arbeitsschutz mit den festangestellten Arbeitnehmern des Einsatzunternehmens gleichzustellen. Gleichzeitig unterliegt die Zeitarbeit klaren Einschränkungen; sie darf weder für Tätigkeiten mit übermäßigen Gefährdungen noch als Mittel zur Streikbrechung eingesetzt werden. Spezielle Vorschriften bestehen zudem für den Bausektor, in dem Zeitarbeit nur eingeschränkt zulässig ist. Die Rolle der Zeitarbeit in Spanien ist trotz der traditionell hohen Befristungsquote weniger ausgeprägt als in anderen europäischen Ländern, da viele Unternehmen direkt befristete Arbeitsverträge schließen.
Mit der Reform des Arbeitsmarktes, die Ende 2021 verabschiedet und 2022 implementiert wurde, erfolgte eine substantielle Verschärfung der Vorschriften zu befristeten Arbeitsverhältnissen und Zeitarbeit. Zentral ist die Verkürzung der zulässigen Kettenbefristungen von 24 auf 18 Monate innerhalb von 24 Monaten, wobei eine Überschreitung zur automatischen Entfristung führt. Die Reform sieht zudem erhöhte Sanktionen bei Missbrauch vor; Geldbußen können bis zu 10.000 Euro pro Fall betragen.
Besondere Beachtung verdienen die neu eingeführten fijos discontinuos, unbefristete Arbeitsverträge für wiederkehrende oder saisonale Tätigkeiten. Sie gewährleisten Kontinuität für Arbeitnehmer und Anspruch auf Arbeitslosengeld in nicht aktiven Phasen. Parallel dazu wurde die Regulierung der ETTs durch die Orden TES/1324/2024 verschärft. Diese verpflichtet Zeitarbeitsfirmen zur zentralen Registrierung, monatlichen Meldung sämtlicher Überlassungsverträge und zur Verwendung standardisierter Vertragsformulare, wodurch Transparenz und Kontrollmöglichkeiten für die Arbeitsbehörden gestärkt werden.
Die praktische Umsetzung der Reform zeigt jedoch gewisse Herausforderungen. Gewerkschaften berichten, dass Unternehmen zunehmend die Probezeit nutzen, um rechtliche Verpflichtungen zu umgehen und Arbeitsverhältnisse vorzeitig zu beenden. Erste Bewertungen verdeutlichen, dass insbesondere im privaten Sektor Fortschritte erzielt wurden: Die Befristungsquote sank von rund 26 % im Jahr 2019 auf etwa 13 % im Jahr 2024, während der Rückgang im öffentlichen Dienst mit circa 31 % auf 28 % deutlich geringer ausfiel.
Zukünftig könnten sich weitere Anpassungen ergeben. Ein EuGH-Urteil von 2024 eröffnet die Möglichkeit, Employer of Record (EoR)-Modelle in Spanien zu implementieren, was die klassische Rolle der ETTs potenziell verändert und zusätzliche Flexibilität bei gleichzeitigem Schutz der Arbeitnehmerrechte ermöglicht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Reform 2022 einen bedeutsamen Schritt zur Eindämmung prekärer Beschäftigungsformen darstellt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Zeitarbeit sind klarer definiert und verbindlicher geworden, während die Kontrolle durch die Behörden gestärkt wurde. Für Unternehmen bedeutet dies eine stärkere Compliance-Verpflichtung, während Arbeitnehmer von erhöhten Rechten und mehr Sicherheit profitieren. Die Kombination aus verschärften Vorschriften, neuen Vertragsmodellen und der möglichen Einführung alternativer Strukturen wie EoR wird den Markt für Zeitarbeit in Spanien nachhaltig prägen und eine rechtlich konsistente Grundlage für die Personaleinsatzplanung schaffen.