Kündigung eines Handelsvertretervertrages wegen gestiegener Energiekosten (Schließung eines Geschäftsbereichs)
Der kriegsbedingte Anstieg der Energiekosten kann zur Folge haben, dass ein bestimmter Geschäftszweig eines Unternehmens nicht mehr rentabel arbeiten kann, weshalb eine Schließung unausweichlich wird. Sollten die im betroffenen Geschäftsbereich produzierten Waren im Markt durch einen Handelsvertreter vertrieben werden, zieht die Einstellung der Warenproduktion notwendigerweise die Kündigung des Handelsvertretervertrages nach sich.
Dem gekündigten Handelsvertreter kann bei Beendigung des Vertragsverhältnisses rebus sic stantibus ein Kundenstammausgleich zustehen, berechnet auf Grundlage der in den zurückliegenden 5 Vertragsjahren erhaltenen durchschnittlichen Provisionen.
Fraglich ist, ob das Unternehmen an den Handelsvertreter einen Ausgleich zahlen muss, obwohl die Schließung des Geschäftsbereichs und die damit verbundene Kündigung des Handelsvertretervertrages wirtschaftlich gerechtfertigt war.
Nach dem Gesetz verliert der Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch nur im Falle, dass die Vertragsbeziehung von ihm selbst beendet wird, das Unternehmen den Vertrag aufgrund einer Vertragsverletzung des Handelsvertreters beendet oder der Handelsvertreter seine Rechte und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag an einen Dritten abgetreten hat.
Keiner dieser Fälle liegt bei Beendigung des Handelsvertretervertrags aufgrund einer wirtschaftlich bedingten Geschäftsschließung vor. Der Gewährung eines Ausgleichsanspruchs könnte entgegenstehen, dass die Kündigung auf Umständen höherer Gewalt beruhte. Ebenfalls könnte angeführt werden, dass es sich um den Wegfall der Geschäftsgrundlage handelt.
Das spanische Recht versteht unter dem Begriff der höheren Gewalt gesetzliche nicht geregelte Ereignisse, die nicht vorhersehbar sind oder zwar vorhersehbar sind, aber nicht vermieden werden können und für die niemand verantwortlich gemacht werden kann. Ob der Kriegsausbruch und damit die Erhöhung der Energiekosten unausweichlich gewesen sind und damit unvermeidbar zur Schließung des Geschäftsbereichs führen musste und diese wiederum unumgänglich zur Beendigung des Handelsvertretervertrags geführt hat, muss im Einzelfall geprüft und ggfs. zur Überzeugung eines Gerichts nachgewiesen werden.
Die Frage des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters löst sich allerdings auf einer anderen Stufe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Handelsvertreter aus den geschilderten Gründen seinen Ausgleichsanspruch nicht verliert, wird sich dieser jedoch aufgrund der Schließung des Geschäftsbereichs und der damit verbundenen Einstellung des Warenvertriebs auf „0“ reduzieren, da das Unternehmen in der Zukunft keine wirtschaftlichen Vorteile mehr aus der Vertriebstätigkeit des Handelsvertreters wird ziehen können. Etwas anderes könnte insoweit nur dann gelten, wenn das Unternehmen den vom Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm gewinnbringend an einen Dritten überträgt. Es handelt sich insoweit um einen dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Insolvenz des Unternehmens vergleichbaren Fall.