Kaufrecht 2.0 – Regeln für den Warenkauf im 21. Jahrhundert
Das deutsche Kaufrecht im Bürgerlichen Gesetz bekommt ein Update. Grund dafür ist die Warenkaufrichtlinie (WKRL) der EU. Richtlinien haben keine direkte Wirkung in den Mitgliedsstaaten, sondern müssen von diesen erst noch in nationales Recht umgesetzt werden. So auch die WKRL, deren Ziel es ist, das Kaufrecht an die Anforderungen der fortschreitenden Digitalisierung anzupassen. Insbesondere soll dadurch der Kauf von Waren mit digitalen Elementen (Laptops, Tablets, Smartwatches) besser geregelt werden.
1. Die wichtigsten Regelungen des Entwurfs im Überblick
Seit dem 09.03.2021 liegt ein Entwurf nun dem Bundestag vor. Er soll noch vor dem 01.07.2021 beschlossen werden soll. Die wichtigsten Regelungen des Entwurfs in aller Kürze:
- Der Sachmangelbegriff des § 434 BGB wird angepasst. Zukünftig muss eine Sache den sog. subjektiven und objektiven Anforderungen und bestimmten Montageanforderungen entsprechen. Die Anforderungen sind damit deutlich gestiegen. Unter anderem muss die Kaufsache nun sowohl (1) die vereinbarte Beschaffenheit haben und (2) sich für den vereinbarten Zweck eignen und (3) mit Zubehör und Anleitungen übergeben werden. Das gilt zwar für alle Verträge, soll aber vor allem Verbraucher schützen. Denn unter Unternehmern kann diese Gewährleistung ausgeschlossen werden, gegenüber Verbrauchern nicht.
- Über § 475b BGB führt die Gesetzesänderung eine Aktualisierungspflicht für Sachen mit digitalen Elementen ein. Denn ein Sachmangel besteht danach zukünftig auch, wenn die Sache ohne Aktualisierungen den vertraglichen Zweck nicht mehr erfüllen, wenn also die Smartwatch keine Software-Updates mehr erhält und deshalb nicht mehr als ein teures Armband ist.
- Das aktuelle BGB kennt eine Beweislastumkehr bei Verbrauchsgüterkäufen. Wenn ein Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Kauf bemerkt wird, wird vermutet, dass die Sache bereits bei Kauf mangelhaft war. Ansonsten wäre der Käufer dafür beweisbelastet. Diese Zeitspanne wird nun auf 12 Monate angehoben.
- Die Anforderungen an Garantien sind in § 477 Abs. 1 BGB neu gefasst. Garantieregelungen müssen zukünftig nach § 477 Abs. 2 BGB verbindlich auf einem festen Datenträger übergeben werden.
2. Handlungsbedarf – auch im B2B-Bereich!
Unternehmen sollten die neuen Regelungen kennen und umsetzen. Insbesondere Unternehmen, die Unterhaltungselektronik für Verbraucher herstellen oder vertreiben, haben Handlungsbedarf. Haftungsrisiken für mögliche massenhafte Gewährleistungsansprüche müssen geprüft und bewertet, AGB und Garantieerklärungen angepasst werden.
Aber auch im B2B-Bereich besteht Handlungsbedarf. Denn auch Unternehmen, die nur an anderen Unternehmen verkaufen, können über den Verbrauchsgüterregress nach § 478 Abs. 3 BGB ebenso betroffen sein wie Unternehmer, die an Verbraucher verkaufen. Im grenzüberschreitenden Bereich ist die Vereinbarung von UN-Kaufrecht eine Option. Denn dieses erlaubt – unter Unternehmern – mehr Flexibilität.