Kann ABG-Recht bei Vereinbarung eines Schiedsgerichts ausgeschlossen werden?

Im deutschen Recht werden nicht nur Verbraucher, sondern in gewissem Umfang auch Unternehmen davor geschützt, dass ihnen ein Vertragspartner missbräuchliche oder ungültige Vertragsbestimmungen in Form von vorformulierten Vertragsklauseln auferlegt. Vorformulierte Vertragsbestimmungen werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen bezeichnet, auch wenn sie nicht als separate AGBs präsentiert werden, sondern in die Form eines Standardvertrags gegossen sind. Die Tatsache, dass es eine richterliche Inhaltskontrolle auch für bestimmte Vertragsklauseln zwischen Unternehmen geben kann, wird häufig als Standortnachteil für das deutsche Recht angesehen, denn dies ist in anderen Rechtsverordnungen so nicht bekannt. Umgekehrt gibt es allerdings Fälle, in denen gerade kleinere mittelständische Unternehmen durchaus Interesse an einer solchen Inhaltskontrolle haben können. Denn wenn sie von multinationale Unternehmen Vertragsbedingungen gestellt bekommen, befinden Sie sich häufig durchaus in einer ähnlichen Lage wie Verbraucher gegenüber Unternehmen.
Unternehmen denken immer wieder darüber nach, ob und wie es möglich ist, die Inhaltskontrolle nach dem AGB–Recht auszuschließen. Die Rechtsprechung hierzu ist nur bei innerdeutschen Fällen eindeutig. Da die Vorschriften des AGB-Rechts (integriert in die §§ 305-310 BGB) als zwingendes Recht gelten, können sie nicht vertraglich abbedungen werden. Anders sieht die Rechtslehre dies allerdings in grenzüberschreitenden Fällen, weil sich die Frage der Rechtswahl und des Umfangs der Rechtswahl nicht nach nationalem Recht richtet, sondern nach den Vorschriften der europäischen Rom-I-Verordnung. Aus der Sicht des europäischen Rechts wird das deutsche AGB-Recht nicht als zwingendes Recht angesehen. Auch die weitere Hürde, wonach eine Rechtswahl daran scheitern könnte, dass der Ausschluss des AGB-Rechts mit der öffentlichen Ordnung des Gerichtstaates unvereinbar ist, wird von der Literatur überwiegend verneint. Allerdings gibt es hierzu keine eindeutige Rechtsprechung der deutschen Gerichte. In einer Entscheidung des BGH vom 9.1.2025 (I ZB 48/24) hat der BGH insoweit nun immerhin angedeutet, dass auch diese Frage jeweils vom konkreten Einzelfall abhängt.
Der BGH hatte in der erwähnten Entscheidung jedenfalls am Rande die Frage angesprochen, ob ABG-Vorschriften zur deutschen öffentlichen Ordnung gehören („ordre public“). Diese Frage spielt allerdings nur insoweit eine Rolle, als es darum ging, ob die Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruchs aufgrund der Nichtanwendung von AGB-Vorschriften im schiedsgerichtlichen Verfahren zu einem Ergebnis geführt hat, das gegen den ordre public verstieß. Der BGH hat den Grundsatz, wonach die Anerkennung eines Schiedsspruches wegen des Ausschlusses von AGB-Recht zu einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung führen könnte, auf jene Fälle beschränkt, bei denen sich das Zustandekommen einer vertraglichen Regelung nicht mehr als Ausdruck vertraglicher Selbstbestimmung begreifen lasse oder eine vertragliche Regelung zu schlechthin nicht mehr tragbaren Vertragsfolgen führen würde. Diese einschränkende Beurteilung des konkreten Falles bestärkt diejenigen, die einen vertraglichen Ausschluss des AGB-Rechts jedenfalls im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr zwischen Unternehmen für zulässig halten. Eine klare Aussage hierzu seitens des höchsten deutschen Gerichts wäre allerdings wünschenswert. Andernfalls bleibt bei der Vertragsgestaltung nach wie vor Unsicherheit.