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Gerichtsstandswahl in M&A-Geschäften

27/03/2024
| Sergi Giménez Binder
Gerichtsstandswahl in M&A-Geschäften

Im Urteil vom 8. Februar 2024 (Fall "Inkreal") ist der Europäische Gerichtshof zu dem Schluss gekommen, dass Vertragsparteien, die in demselben EU-Mitgliedstaat (z. B. Spanien) ansässig sind, die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats (z. B. Deutschland) für die Beilegung ihrer vertraglichen Streitigkeiten vereinbaren können, auch wenn der betreffende Vertrag keine andere Verbindung zu dem benannten Mitgliedstaat aufweist.

Solche Vereinbarungen würden in den Anwendungsbereich der EuGVVO fallen, selbst wenn alle Elemente des Rechtsgeschäfts im selben Mitgliedstaat angesiedelt sind.

Bislang erlaubte die Rom-I-Verordnung bereits die Wahl eines ausländischen Rechts in einem rein inländischen Vertrag, allerdings mit einem Korrekturmechanismus, der verhindern sollte, dass die zwingenden Vorschriften des Staates, in dem die Beziehung ihren Sitz hat, nicht angewandt werden.

Wollten die Parteien eines rein inländischen Vertrages ihren Rechtsstreit im Ausland führen, mussten sie ein Schiedsgericht anrufen. Mit seiner Entscheidung hat der EuGH der Wahl der Gerichte eines anderen Mitgliedstaates keine Schranken aufgewiesen, so dass  zwei oder mehr Unternehmen, die im selben Mitgliedstaat ansässig sind, nun beschließen können, dass Streitigkeiten zwischen ihnen von den Gerichten eines anderen Mitgliedstaates entschieden werden, selbst bei Verträgen, die unter allen anderen Gesichtspunkten als rein inländisch gelten würden.

Die vom EuGH aufgestellte Rechtsprechung eröffnet den Unternehmen interessante Möglichkeiten, den für sie am besten geeigneten Streitbeilegungsmechanismus zu wählen.

Fusions- und Akquisitionsgeschäfte werden häufig zwischen multinationalen Konzernen abgeschlossen, allerdings über Tochtergesellschaften, die im selben Staat ansässig sind. Es spricht nun nichts mehr dagegen, dass Streitigkeiten, die sich aus einem solchen Vertrag ergeben, vor den Gerichten des Hauptsitzes eines der beiden multinationalen Unternehmen und nicht im Land der Tochtergesellschaften beigelegt werden.

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