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Gerichtsstandsvereinbarung oder Schiedsklausel – was ist besser?

31/05/2021
| Dr. Thomas Rinne, Johannes Brand, LL.M.
Gerichtsstandsvereinbarung oder Schiedsklausel – was ist besser?

Schiedsgerichte sind nicht-staatliche Gerichte, die von den Streitparteien beauftragt werden, den Rechtsstreit für sie bindend zu entscheiden. Gleichzeitig steht Vertragsparteien frei, das zuständige staatliche Gericht zu bestimmen. Was nun besser ist, sollen die nächsten Zeilen beleuchten.

Schiedsgerichte sind wegen des Ausschlusses der Öffentlichkeit diskret. Und sie sind schnell. Die Schiedsrichter wissen, dass es den Parteien um eine zügige Entscheidung geht. Wird vor einem staatlichen Gericht – gerade in Corona-Zeiten – gerne erst in sechs Monate für eine Verhandlung terminiert, laufen Schiedsverfahren nach einem straff organisierten Zeitplan ab. Zudem sehen sie meistens nur eine Instanz vor, wodurch sich die Gesamtverfahrenszeit noch einmal verkürzt.

Dieser Service kostet. Die Schiedsverfahren werden häufig durch renommierte Wirtschaftsanwälte geleitet. Selbst wenn die Kosten durch die Verfahrensordnung festgelegt werden, können sie die Kosten eines Gerichtsverfahrens schnell überschreiten. Die Wahlmöglichkeit bei den Schiedsrichtern führt häufig zu einer hohen Expertise, da ein Spezialist auf dem streitigen Gebiet ausgewählt werden kann. Andererseits schwanken Schiedsrichter zwischen Anwalt- und Schiedsrichterrolle. Die Unabhängigkeit ist kritischer als bei reinen Berufsrichtern.

Ein Nachteil besteht dort, wo Dritte in Schiedsverfahren einbezogen werden sollen – ob als Zeuge oder Regressgegner. Schiedsgerichte sind private Institutionen. Sie können keinen Zwang ausüben, wie ein staatliches Gericht es vermag. In staatlichen Gerichtsverfahren kann einem Dritten der Streit verkündet werden (s. dazu unseren Artikel im Newsletter Februar 2020). Das ist im Schiedsverfahren schwierig bis unmöglich.

Im internationalen Bereich kann die Vollstreckbarkeit den Ausschlag geben. Die Vollstreckbarkeit staatlicher Urteile hängt immer von den nationalen Regeln und Staatsverträgen ab. Die Vollstreckung von Schiedsurteilen ist in einem Abkommen geregelt, das 168 Staaten unterschrieben haben. Auch der Brexit kann zum Nachdenken anregen. Denn nach wie vor gibt es kein umfassendes Vollstreckungsabkommen zwischen EU und UK. Eine Schiedsklausel könnte Abhilfe schaffen.

Gleichzeitig sieht die deutsche Justiz einen aufkommenden Standortvorteil. In Stuttgart und Mannheim haben sog. „Commercial Courts“ die Tätigkeit aufgenommen. Sie versuchen, die Vorteile zu vereinen: staatliche Unabhängigkeit und Zwangsmittel und die Effizienz von Schiedsgerichten. Die Parteien können die zweite Instanz ausschließen oder Verhandlungen auf Englisch führen.

Die Eingangsfrage kann nicht mit Absolutheit beantwortet werden. Im Einzelfall und für jeden Vertrag gibt es aber eine richtige Lösung. Letztlich ist es eine Einzelfallabwägung, die alle Faktoren wie Kosten, Effizienz, Vertraulichkeit und Unabhängigkeit des Gerichts einbeziehen sollte.

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