Fallstricke bei einseitigen Willenserklärungen
Nicht selten werden Kündigungen, Rücktrittserklärungen, Widerrufe oder Anfechtungen im Geschäftsverkehr nicht von dem ursprünglich Erklärenden abgegeben, sondern von einem Vertreter. Dies kann eine dem Erklärenden nahestehende Person sein (z.B. ein Ehegatte), aber auch Mitarbeiter in einem Unternehmen. Für diese Situation kennt das deutsche Recht eine Vorschrift, die leicht übersehen werden kann. Denn der Bevollmächtigte muss dem entsprechenden Schreiben eine Originalvollmacht des Vertretenen beifügen. Andernfalls hat der Empfänger einer solchen Erklärung (Kündigung, Rücktritt, Widerruf, etc.) die Möglichkeit, das Schreiben unverzüglich als formunwirksam zurückzuweisen. Dann ist beispielsweise eine Kündigungserklärung nicht wirksam beim Vertragspartner zugegangen und dies kann erhebliche Auswirkungen haben, insbesondere wenn eine solche einseitige Willenserklärung innerhalb einer bestimmten Frist erklärt werden müsste. Beispielsweise kann sich dann ein Mietvertrag um die vertraglich vereinbarte Dauer verlängern und er kann erst zu einem viel späteren Zeitpunkt wieder gekündigt werden.
Die entsprechende Vorschrift – § 174 BGB – scheint in das heutige weitgehend digitalisierte Geschäftsleben nicht mehr recht hineinzupassen zumal inzwischen z.B. virtuelle Gesellschafter- und Hauptversammlungen möglich sind. Die Regelung ist aber nach wie vor anwendbar. Der Sinn erklärt sich daraus, dass der Erklärungsempfänger durch die Übersendung einer Originalvollmacht Gewissheit darüber haben soll, dass der Erklärende tatsächlich im Zeitpunkt der Kündigung etc. noch bevollmächtigt war und die Vollmacht nicht zuvor widerrufen worden ist. Denn dann hätte der Vollmachtgeber auch die Originalvollmacht zurückverlangt.
In der Praxis bedeutet dies natürlich, dass derartige einseitige Willenserklärungen nicht auf elektronischem Wege übermittelt werden können und deswegen ist bei fristgebundenen Angelegenheiten insbesondere auch die Postlaufzeit einzukalkulieren.