Die vertragliche Regelung des Kundenstammausgleichs des Handelsvertreters
Bei Vertragsbeendigung steht dem Handelsvertreter grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch zu. Dies folgt aus den Regelungen des Handelsvertretergesetzes.
Die Regelungen des Handelsvertretergesetzes sind mit wenigen Ausnahmen zwingend anzuwenden. D.h. ein Unternehmen kann mit seinem Handelsvertreter grundsätzlich keine vom Gesetzestext abweichenden vertraglichen Regelungen vereinbaren. Da das Handelsvertretergesetz ein „Schutzgesetz“ zu Gunsten des Handelsvertreters darstellt, kann von diesem aber zu Gunsten der Interessen des Handelsvertreters abgewichen werden.
Dies gilt auch für den Kundenstammausgleich. Deshalb ist eine Vertragsklausel, die die Zahlung eines Ausgleichs für den vom Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm ausschließt, nichtig. Auch die Vereinbarung eines Kundenstammausgleichs, der unter dem gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag (1 Jahresprovision berechnet aus den zurückliegenden 5 Vertragsjahren) liegt, würde im Falle eines Rechtsstreits von den spanischen Gerichten als nichtig und damit nicht anwendbar angesehen werden.
Ob eine Vertragsklausel aber tatsächlich zum Nachteil des Handelsvertreters von den zwingenden gesetzlichen Regelungen abweicht, ergibt sich aus dem Einzelfall bzw. der konkreten Anwendung der Vertragsklausel.
So bestand der wesentliche Gegenstand eines von unserer Kanzlei kürzlich vor dem Provinzgericht Alicante geführten Rechtsstreits in der Wirksamkeit der folgenden vertraglichen Vereinbarung über den Kundenstammausgleich: Die Vertragsparteien vereinbaren, dass dem Handelsvertreter bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ein Ausgleich in Höhe eines Betrages zusteht, der den Provisionsansprüchen aus den letzten 6 Monaten vor Vertragsbeendigung entspricht.
Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich, dass diese potenziell zum Nachteil des Handelsvertreters von der zwingenden gesetzlichen Regelung abweicht, da diese eine Jahresvergütung berechnet aus den letzten 5 Vertragsjahren vorsieht. Aus diesem Grund hatte das Gericht Erster Instanz die beschriebene Vertragsklausel noch für nichtig erklärt und den Kundenstammausgleich unter Zugrundelegung des gesetzlichen Höchstbetrages (Jahresvergütung) dem Handelsvertreter zugesprochen.
Tatsächlich lag der gesetzliche Betrag aber unter der Summe, die sich aus der konkreten Anwendung der für nichtig erklärten Vertragsklausel ergab. Dies deshalb, da das Provisionsaufkommen des Handelsvertreters in den letzten 6 Monaten vor der Vertragskündigung unverhältnismäßig hoch war. Das Provinzgericht Alicante stellte daher auch in seinem Berufungsurteil fest, dass es auf den vom Gesetzgeber gewollten Schutz des Handelsvertreters ankomme, weshalb es die streitgegenständliche Vertragsklausel als wirksam betrachtete, da ihre konkrete Anwendung zu einem für den Handelsvertreter günstigeren Ergebnisses führte.