Die strafrechtliche Haftung von Geschäftsführern bei Übertragung von Infektionskrankheiten
In den letzten Wochen sahen sich die Unternehmen verpflichtet, ihre Arbeitsschutzpläne so anzupassen, dass diese auch die Risiken hinsichtlich der Ansteckung mit dem COVID-19-Virus erfassten. Die Erfüllung dieser Pflicht ist von außerordentlicher Relevanz, da ihre Verletzung für Geschäftsführer von Unternehmen strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
Stellt ein Unternehmen seinen Mitarbeitern für die Erledigung ihrer Aufgaben nicht die notwendigen und zweckdienlichen Sicherheits- und Hygienemittel zur Verfügung, um die Übertragung von COVID-19 und anderen Infektionskrankheiten zu vermeiden, so kann dies gemäß der Artikel 316 und 317 des spanischen Strafgesetzbuches (Código Penal) strafbar sein. Der Zweck der Norm besteht im Schutz der Gesundheit, des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Arbeitnehmer. Zwar bestimmt die Gesetzesvorschrift, dass diejenigen bestraft werden, „die nicht die notwendigen und sachdienlichen Mittel zur Verfügung stellen“, sie definiert jedoch nicht, welche Mittel konkret darunter zu verstehen sind. Daher muss die einschlägige Arbeitsschutzgesetzgebung herangezogen werden.
Ist die Erfüllung eines Straftatbestandes einer Gesellschaft zuzurechnen, so haften nach Artikel 318 des spanischen Strafgesetzbuches strafrechtlich ihre Geschäftsführer oder die mit dem Arbeitsschutz im Unternehmen beauftragten Personen, wenn sie für die strafbare Handlung verantwortlich sind und keine Maßnahmen ergriffen haben, obgleich ihnen diese Umstände bekannt waren und sie in der Lage gewesen wären, Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings muss Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit bei Begehung der Tat vorliegen.
Hierbei muss bedacht werden, dass es sich bei dem Delikt gegen die Sicherheit von Arbeitnehmern um ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt. Daher muss dem Arbeitnehmer noch kein Schaden entstanden sein, damit der Straftatbestand erfüllt wird, sondern es reicht aus, wenn ein rechtlich unerlaubtes Risiko vorliegt. Würde der Arbeitnehmer einen Schaden erleiden, so läge ein unabhängiger Schaden vor, der gemäß dem Ergebnis bestraft würde, d.h. als Körperverletzung oder sogar als fahrlässige Tötung. In der Praxis wirft die Verurteilung für ein Körperverletzungs- oder Tötungsdelikt aufgrund der Übertragung von Krankheiten allerdings das Problem des Nachweises auf, da bewiesen werden muss, dass die Ansteckung während der Arbeitstätigkeit und aufgrund nicht zur Verfügung gestellter individueller oder kollektiver Schutzmaßnahmen eintrat und nicht durch Ansteckung bei anderen Personen oder anderer infizierter Gegenstände erfolgte. Es muss insoweit der Ursprung der Ansteckung und diejenige Person bestimmt werden, von der die Ansteckung ausging, sowie der Ort der Ansteckung und die Zahl der angesteckten Personen.
Neben einer Strafklage kann der Geschädigte auch auf zivilrechtlichem Weg vorgehen und auf Schadenersatz für die aufgrund der Ansteckung erlittenen Schäden klagen.