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Die notarielle Gründung einer GmbH im Wege des online-Verfahrens

21/06/2024
| Dr. Toni Fickentscher
Die notarielle Gründung einer GmbH im Wege des online-Verfahrens

Die wirksame Errichtung eines Gesellschaftsvertrages einer GmbH setzt gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG die notarielle Form voraus, wobei der Grundsatz der persönlichen physischen Anwesenheit prägend für die notarielle Beurkun-dungsverhandlung ist. So war daher auch bei der Gründung einer GmbH in Deutschland das persönliche Erscheinen aller Gründungsgesellschafter vor dem deutschen Notar für lange Zeit unausweichlich.

Seit dem 1. August 2022 ist nun aber die Beurkundung eines Gesellschaftsvertrages im Rahmen der Gründung mittels Videokommunikation zulässig (§ 2 Abs. 3 S. 1 GmbHG iVm § 16a BeurkG), wobei eine sogenannte qualifizierte elektro-
nische Unterschrift die persönliche, handschriftliche Unterschrift ersetzt. Damit setzt der deutsche Gesetzgeber die Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union um, welche die Gründung von Gesellschaften europaweit in grenzüber-
schreitender Weise vereinfachen bzw. zeit- und. kosteneffizienter gestalten möchte. Als besonders wichtig ist die Tatsache hervorzuheben, dass der Gesetzgeber keine Differenzierung dergestalt vornahm, wer auf diesem online-Weg zur Gründung berechtigt ist. Daher können sowohl natürliche als auch juristische Personen mittels Videokommunikation eine GmbH gründen, seien es inländische, seien es ausländische. Ebenso eröffnet ist die gemischte Gründung, wonach ein Teil der Gründer der Beurkundung mittels Videokom-munikation, der andere Teil in Präsenz beiwohnen kann (§ 16e BeurkG).

Darüber hinaus kann ebenfalls die notarielle Errichtung einer Gründungsvollmacht im Wege der Videokommunikation erfolgen (§ 2 Abs. 2 S. 2 GmbHG). Dem z.B. in Spanien ansässigen Gründer steht damit ein zweiter Weg offen: Er kann mittels Videokommunikation einer anderen Person eine Gründungsvollmacht erteilen, welche dann klassisch als physisch anwesender Vertreter an der Gründung vor einem deutschen Notar als Beteiligte mitwirkt.

Bei Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft als Gründerin einer deutschen GmbH müssen dem Notar auch im Videoverfahren weiterhin ein Existenz- und Vertretungsnachweis, gegebenenfalls in beglaubigter Form (evtl. mit Apostille versehen), vorliegen; jedoch lassen sich diese Dokumente z.B. per Post ohne Weiteres vorab an den betreffenden deutschen Notar übersenden. Im Rechtsverkehr zwischen Staaten mit einem zuverlässigen Notar- und Registerwesen auf der Grundlage des sog. lateinischen Notariats, so auch zwischen Deutsch-land und Spanien, bereitet dies jedoch keine Schwierigkeiten; der deutsche Notar kann die Existenz und die Vertretungsverhältnisse einer spanischen S.L. oder S.A. durch Einsicht in das spanische Handelsregister prüfen und hierüber eine Bescheinigung (nach § 21 BNotO) erstellen.

Weiterhin gestattet § 2 Abs. 3 S. 3 und 4 GmbHG die Mitbeurkundung sonstiger Willenserklärungen und das Fassen einstimmiger Beschlüsse mittels Videokommunikation. Der Gesetzgeber trägt der Praxis Rechnung, dass die Gesell-schafter im Rahmen der Gründung zugleich meist die Bestellung der Geschäftsführer beschließen bzw. Vollzugs-
vollmachten etc. erteilen. Konsequenterweise können dann die einzureichende Gesellschafterliste gleichsam elektro-
nisch signiert (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbhG) sowie die sonstigen Dokumente für die Handelsregisteranmeldung online beglaubigt werden (§§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB iVm 40a BeurkG).

Seit der zweiten Jahreshälfte 2023 können nicht mehr nur Bargründungen, sondern auch Sachgründungen durch das online-Verfahren vorgenommen werden. Ferner dürfen im Rahmen des online-Verfahrens nun auch Abtretungsverpflich-
tungen im Gesellschaftsvertrag mitbeurkundet werden. Ebenso möglich ist zwischenzeitlich auch eine Satzungs-
änderung im Wege des online-Verfahrens, sollte der Beschluss hierzu einstimmig gefasst worden sein (vgl. § 53 Abs. 3 GmbhG).

Die notarielle Tätigkeit steht damit in diesem Bereich an der Spitze eines notwendigen Digitalisierungsprozesses der Justiz in Deutschland, wobei die Bundesnotarkammer die Umsetzung des online-Gründung-Verfahrens als Aufgabe ihrer Selbstverwaltung zügig und flächendeckend in Deutschland betrieben hat (wie insbesondere die Installation von siche-
ren Videokommunikationssystemen, die allen Notaren zur Verfügung stehen). Vor allem aber liegt es in der Entschei-
dungshoheit der Beteiligten selbst, ob sie das online-Verfahren wählen wollen oder nicht, während hingegen die online-Verhandlung vor Gericht doch oftmals im Ermessen des einzelnen Richters steht.

Bei der Umsetzung des Online-Verfahrens hat sich der deutsche Gesetzgeber von dem Grundsatz leiten lassen, dass die wichtigen Vorzüge der physischen Beurkundung, nämlich die zuverlässige Identifizierung, Willensermittlung und Beratung der Beteiligten in die Videokommunikation überführt werden. Anders gewendet: Die Online-Gründung einer GmbH führt nicht zu einer Herabsetzung des Sicherheitsschutzes für die Beteiligten und für den Staat. So bleiben etwa die Identifizierungspflichten gemäß § 16c BeurkG dergestalt bestehen, als dass die Identifizierung nicht allein durch Vorhalten des Ausweises in die Kamera, sondern darüber hinaus über einen elektronischen Identitätsnachweis erfolgt. Hierfür können alle von den Mitgliedstaaten der EU herausgegebene Personalausweise und Reisepässe mit e-ID Funktion verwendet werden, z.B. auch ein spanischer Personalausweis. Gerade die Identifizierungspflicht dient damit nicht nur dem unmittelbaren Schutz der Beteiligten, sondern gleichsam übergeordneten rechtsstaatlichen Prinzipien auf transnationaler Ebene, wie der Bekämpfung von Geldwäsche. Im Übrigen bleibt der Notar weiterhin in gleicher Weise seinen Beratungspflichten gegenüber den Beteiligten gemäß § 17 BeurkG unterworfen.

Die online-Beurkundung selbst läuft mehr oder weniger so ab, wie man es sich aus allgemeiner Erfahrung heraus vorzustellen vermag: Nach einer notwendigen Registrierung seiner Person über eine App oder das Internetportal der Bundesnotarkammer, in deren Prozess auch die elektronische Signatur für jeden Beteiligten erstellt wird, vollzieht sich die Video-Beurkundung sodann im Wesentlichen wie eine normale Beurkundung, nur eben über ein hochgesichertes Videosystem der Bundesnotarkammer: Die nach § 16b BeurkG zu errichtende elektronische Niederschrift ist wie eine sonstige abzufassen, den Beteiligten vorzulesen und ihnen vor Genehmigung elektronisch auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen; abschließend tritt die jeweilige elektronische Signatur anstelle des persönlichen Unterzeichnens.

Schlussendlich könnte sich der erfahrene Unternehmer noch die Frage nach den Kosten stellen. Die Gebühren für die online-Gründung richten sich grund-sätzlich nach den Gebühren eines gewöhnlichen Präsenzverfahrens; es fällt nur noch eine pauschale Zusatzgebühr von 25 € für das Beurkundungsverfahren und von 8 € für eine Beglaubigung an.

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