Deutsche Unternehmensmitbestimmung auf dem Prüfstand
Die Vereinbarkeit der deutschen Unternehmensmitbestimmung mit Europarecht beschäftigt nun auch den EuGH. Auf dem Prüfstand steht die Frage, ob die deutsche Unternehmensmitbestimmung mit Europarecht vereinbar ist. Die Mitbestimmung könnte nämlich gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit und gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen.
Dabei geht es um zwei unterschiedliche Aspekte: Zum einen ist zu klären, ob im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer eines Konzerns bei den Schwellenwerten für das Eingreifen von Mitbestimmung (mehr als 2.000 Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz und mehr als 500 Arbeitnehmer nach dem Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat) zu berücksichtigen sind. Zum anderen stellt sich die Frage, ob der Ausschluss von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern eines Konzerns vom aktiven und passiven Wahlrecht für den Aufsichtsrat des deutschen Unternehmens unionsrechtswidrig ist.
Der Ausgang dieser Verfahren ist für deutsche Unternehmen von gravierender Bedeutung. Würde sich herausstellen, dass die Begrenzung der deutschen Mitbestimmung auf das Inland unionsrechtswidrig wäre, hätte dies zur Folge, dass sich die Mitbestimmungslandschaft in Deutschland erheblich ändert. Wenn bei den Schwellenwerten auch Arbeitnehmer aus dem Ausland zu berücksichtigen sind, würden viele deutsche Unternehmen zukünftig der Drittelbeteiligung oder der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, bei denen das bisher (noch) nicht der Fall ist. Hätten die ausländischen Arbeitnehmer zudem ein aktives und passives Wahlrecht, würde sich die Zusammensetzung der Aufsichtsräte ändern.
Betroffene Unternehmen sollten vor diesem Hintergrund prüfen, ob in ihrem Fall eine der in der Praxis verfügbaren Strategien zur Vermeidung von Mitbestimmung, insbesondere unter Einsatz einer Europäischen Aktiengesellschaft, ergriffen werden kann.