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Der Fall Pierre Cardin als Beispiel für Marktverzerrung in der Modeindustrie

31/01/2025
| Vanessa-Ariane Guzek Hernando
Der Fall Pierre Cardin als Beispiel für Marktverzerrung in der Modeindustrie

Die Europäische Kommission hat am 28. November 2024 gegen das französische Modehaus Pierre Cardin und seinen größten Lizenznehmer Ahlers eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 5,7 Mio. EUR verhängt. Grund dafür sind wettbewerbswidrige Praktiken, durch die über Jahre hinweg der grenzüberschreitende Handel mit Pierre Cardin-Produkten im Europäischen Wirtschaftsraum eingeschränkt wurde.

Die Kommission stellte fest, dass die beiden Unternehmen zwischen 2008 und 2021 wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen haben, um Ahlers vor Konkurrenz in den Ländern zu schützen, in denen das Unternehmen Lizenzrechte besaß. Insbesondere wurde festgestellt, dass diese wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen darauf abzielten, andere Pierre-Cardin-Lizenznehmer und deren Kunden daran zu hindern, Bekleidung der Marke Pierre Cardin online und offline zu verkaufen, und zwar (i) außerhalb ihrer Lizenzgebiete und/oder (ii) an Einzelhändler mit niedrigem Preisniveau, die die Bekleidung den Verbrauchern zu niedrigeren Preisen anbieten. Ziel dieser Koordinierung zwischen Pierre Cardin und Ahlers war es letztlich, den absoluten Gebietsschutz von Ahlers in den Ländern zu gewährleisten, die unter die Lizenzvereinbarungen mit Pierre Cardin im EWR fallen.

Durch diese rechtswidrigen Praktiken werden Einzelhändler daran gehindert, die Produkte in den Mitgliedstaaten zu niedrigeren Preisen zu erwerben, und der Binnenmarkt wird künstlich aufgeteilt. Durch eine solche Marktverzerrung werden Verbraucher daran gehindert, von besseren Angeboten und einer größeren Produktauswahl zu profitieren. Beschränkungen des Parallelhandels stellen daher nicht regulatorische Hindernisse für einen besser funktionierenden Binnenmarkt dar und gehören zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen.

Jede Person oder jedes Unternehmen, das von einem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen ist, kann die Gerichte der Mitgliedstaaten anrufen und Schadensersatz verlangen. Sowohl die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union als auch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates bestätigen, dass eine rechtskräftige Entscheidung der Kommission in Fällen, die vor nationalen Gerichten verhandelt werden, ein verbindlicher Beweis dafür ist, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Auch wenn die Kommission gegen die betreffenden Kartellteilnehmer eine Geldbuße verhängt hat, kann von den nationalen Gerichten Schadenersatz zugesprochen werden, ohne dass dieser wegen der Geldbuße der Kommission gemindert wird.

Die Entscheidung gegen Pierre Cardin und Ahlers markiert einen weiteren Meilenstein in der kartellrechtlichen Bewertung von Vertriebssystemen und Lizenzverträgen in der Modeindustrie. Unternehmen, die ähnliche Vertriebsstrukturen nutzen, sollten ihre Vereinbarungen insbesondere auf kartellrechtswidrige Gebietsbeschränkungen, Beschränkungen des Online-Handels und den Schutz vor Niedrigpreishändlern überprüfen, um kartellrechtliche Risiken zu minimieren.

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