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Der Europäische Gerichtshof und die Mehrwertsteuer auf unentgeltliche Übertragungen: Rechtssache C-207/23

31/05/2024
| Senxin Xu
Der Europäische Gerichtshof und die Mehrwertsteuer auf unentgeltliche Übertragungen: Rechtssache C-207/23

In der Rechtssache C-207/23 vor dem EuGH geht es um die Anwendung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG auf die unentgeltliche Lieferung von aus Biogas erzeugter Wärme durch die Y KG an andere Unternehmen für Tätigkeiten wie Holztrocknung und Beheizung von Spargelfeldern. Nach einer Betriebsprüfung behandelte die deutsche Finanzverwaltung diese Lieferungen als mehrwertsteuerpflichtig und berechnete die Steuerbemessungsgrundlage auf Basis der Gestehungskosten. Der Fall wurde dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die erste Frage betrifft, ob die unentgeltliche Überlassung von Wärme an ein anderes Unternehmen im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit als unentgeltliche Wertabgabe an Dritte im Sinne von Artikel 16 der MwStSystRL gilt. Diese Bestimmung stellt unentgeltliche Lieferungen den gewerblichen Umsätzen gleich. Der EuGH entschied, dass unentgeltliche Lieferungen für MwSt-Zwecke wie entgeltliche behandelt werden, unabhängig davon, ob der Empfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dies bedeutet, dass die unentgeltliche Lieferung für MwSt-Zwecke wie ein entgeltlicher Verkauf oder eine entgeltliche Übertragung behandelt wird, so dass Steuerneutralität gewährleistet ist.

Die zweite und dritte Frage betrifft die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für unentgeltliche Übertragungen gemäß Artikel 74 der MwStRL. Nach diesem Artikel ist die Steuerbemessungsgrundlage der Einkaufspreis oder, falls dieser fehlt, der Selbstkostenpreis zum Zeitpunkt der Übertragung. Der EuGH entschied, dass der Selbstkostenpreis alle direkten und indirekten Kosten, einschließlich Finanzierungskosten, umfassen muss.

Dieser Ansatz berücksichtigt alle mit der Herstellung verbundenen Kosten und spiegelt den tatsächlichen Wert des Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt der Übertragung wider. Dieser Grundsatz entspricht der früheren Rechtsprechung des EuGH, wie den Fällen Marinov (C-142/12) und Het Oudeland Beheer (C-128/14), die betonen, dass die Steuerbemessungsgrundlage den Marktwert des Wirtschaftsguts berücksichtigen muss.

Die Auslegung des EuGH beeinflusst auch die spanische Gesetzgebung. Artikel 79 Absatz 5 Buchstabe a der spanischen Verordnung sieht vor, dass in Fällen ohne Marktwert oder Einkaufspreis die Steuerbemessungsgrundlage mindestens dem Einkaufspreis oder dem Selbstkostenpreis entspricht. Diese Bestimmung spiegelt die EuGH-Grundsätze wider, wonach sowohl direkte als auch indirekte Kosten einzubeziehen sind.

Unternehmen sollten überprüfen, ob sie unentgeltliche Lieferungen vornehmen, und sicherstellen, dass die Steuerbemessungsgrundlage gemäß den EuGH-Kriterien erklärt wird.

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