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Das Anti-Shein-Gesetz und die regulatorische Herausforderung für Europas Modebranche

30/06/2025
| Vanessa-Ariane Guzek Hernando
Das Anti-Shein-Gesetz und die regulatorische Herausforderung für Europas Modebranche

Am 10. Juni 2025 verabschiedete der französische Senat mit überwältigender Mehrheit ein weitreichendes Gesetzespaket gegen die sogenannte „Ultra-Fast-Fashion“. Die Initiative richtet sich insbesondere gegen Anbieter wie Shein und Temu, die mit extrem günstiger und schnell produzierter Kleidung den Markt dominieren. Frankreich ist damit das erste Land Europas, das einen solchen regulatorischen Vorstoß unternimmt. Der Gesetzentwurf muss nun noch in einem gemeinsamen Ausschuss von Abgeordneten und Senatoren final abgestimmt werden – dieser Schritt wird für Herbst erwartet. Parallel prüft die Europäische Kommission die Regelung und könnte in den kommenden Monaten eine Stellungnahme dazu abgeben.

Zentrales Element des französischen „Anti-Shein Gesetzes“ ist eine gestaffelte Umweltabgabe auf extrem kurzlebige Mode. Ab 2027 soll eine Gebühr von bis zu 7 Euro pro Kleidungsstück erhoben werden. Dieser Betrag soll bis 2030 auf 10 Euro steigen. Ziel ist es, Anbieter zu treffen, die den Markt mit schnell wechselnden Kollektionen zu Niedrigpreisen überschwemmen. Die Definition von Ultra-Fast-Fashion erfolgt dabei über die hohe Frequenz neuer Modelle. Größere Fast-Fashion-Anbieter wie H&M oder Inditex bleiben zunächst ausgenommen, jedoch könnten auch europäische Marken betroffen sein, sofern sie die Kriterien erfüllen. Darüber hinaus sieht das Gesetz Werbeverbote für derartige Modeprodukte vor. Plattformen und Influencer, die entsprechende Kleidung bewerben, müssen künftig mit Sanktionen rechnen. Ergänzt wird das Maßnahmenpaket durch eine neue Abgabe von 2 bis 4 Euro auf Kleinsendungen aus Nicht-EU-Ländern. Diese sogenannte „Paketsteuer“ zielt vor allem auf Importe über Plattformen wie Temu und Shein ab. Ob diese Maßnahme langfristig auf EU-Ebene ausgeweitet wird, ist derzeit Gegenstand politischer Diskussionen. 

Die französische Modebranche zeigt sich überwiegend positiv. Branchenverbände loben die gesetzgeberische Initiative als wichtigen Schritt hin zu mehr Fairness und Nachhaltigkeit. Auch in Deutschland fordern der Handelsverband BTE sowie der HDE inzwischen vergleichbare Regelungen. Sie kritisieren einen zunehmenden Wettbewerbsnachteil für europäische Händler, die strengeren Umwelt- und Sozialstandards unterliegen. BTE-Präsident Mark Rauschen ruft zu entschlossenem politischen Handeln auf. Neben einem deutschen Pendant zum französischen Gesetz plädiert er für die Abschaffung der Zollfreigrenze und schärfere Importkontrollen. Vonseiten der betroffenen Unternehmen kommt hingegen deutliche Kritik. Quentin Ruffat, Kommunikationschef von Shein in Frankreich, nannte das Gesetz ein „Anti-Shein- und Anti-Nutzer-Gesetz“. Es bestrafe nicht nur das Unternehmen, sondern vor allem die Verbraucher/innen, deren Kaufkraft dadurch erheblich geschwächt werde.

Die Probleme der Ultra-Fast-Fashion lassen sich nicht allein national lösen. Frankreichs Gesetz ist ein wichtiger Impuls, doch erst eine EU-weite Regelung kann echte Wirkung entfalten. Der Entwurf fordert daher bereits Anpassungen der E-Commerce-Richtlinie, um europaweit einheitliche Standards zu schaffen. Frankreich hat vorgelegt, nun ist die EU am Zug.

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