Beschränkte Steuerpflicht und Verpflichtung zum Steuerabzug bei zeitlich unbegrenzter Überlassung von Know-how
In der Ausgabe November 2018 dieses Newsletters hatten wir über verschiedene Fragen der Pflicht zur Vornahme eines Steuerabzugs und der Haftung eines inländischen Vergütungsschuldners bei grenzüberschreitender Überlassung von Know-How, also Erfahrungs- und Fachwissen, welches (anders als z.B. Patente) durch gesetzliche Regelungen nicht speziell geschützt ist, durch ein ausländisches Unternehmen berichtet.
In einem jüngst veröffentlichen Urteil vom 13.10.2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun das damals erwähnte Revisionsverfahren (I R 18/18) betreffend die Haftung bei Verletzung der Abzugssteuerpflicht im Rahmen eines Vertrages über den exklusiven Transfer von Know-How für ein Produktionsverfahren und der damit verbundenen Prozessdokumentation in das Inland entschieden. Hieraus sind für die Praxis folgende Grundsätze abzuleiten:
- Abzugssteuerpflichtig ist nur die zeitlich begrenzte, nicht jedoch die Veräußerung bzw. zeitlich unbegrenzte Überlassung von Know-How, die steuerlich einer Veräußerung gleichkommt. Bei Verträgen, die nach den in- und ausländischen Vorschriften des Internationalen Privatrechts nicht dem deutschen Recht unterliegen, ist für die Anwendung deutschen Steuerrechts das anwendbare ausländische Recht maßgeblich.
- Auslösendes Moment der Abzugssteuerpflicht für in das Ausland geleistete Zahlungen ist die tatsächliche Nutzung des Know-Hows im Inland, ob das Know-How tatsächlich den vereinbarten Umfang und/oder die vereinbarte Qualität hatte, um die beabsichtigen Zwecke zu erfüllen, ist steuerlich nicht von Bedeutung.
- Vermeiden lässt sich die Verpflichtung zum Steuerabzug bei Zahlung an einen ausländischen Vergütungsgläubiger nur durch rechtzeitige Beantragung eines Freistellungsbescheids beim Bundeszentralamt für Steuern auf der Basis von Doppelbesteuerungsabkommen (vgl. hierzu etwa Art. 12 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Spanien).
- Liegt ein solcher im Zeitpunkt der Zahlung der Vergütung nicht vor und wurde der Steuerabzug pflichtwidrig unterlassen, so haftet der inländische Vergütungsschuldner dem deutschen Fiskus für den unterlassenen Steuerabzug und kann sich nicht darauf berufen, dass (a) die inländischen Einkünfte des ausländischen Vergütungsgläubigers nach einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen von der inländischen Besteuerung freizustellen sind (b) ein Verfahren auf Erstattung einer einbehaltenen und abgeführten Steuer nicht durchgeführt werden kann, weil der ausländische Vergütungsgläubiger insolvent ist.
- Verfahrensrechtlich kann ein inländischer Haftungsschuldner allenfalls in einem Verfahren nach § 227 AO einen Erlass der Haftungsschuld aus Billigkeitsgründen beantragen.
Ob auch bereits vor Inkrafttreten der Änderungen im Bereich der Abzugssteuern im Jahr 2021 (vgl. hierzu unsere Beiträge in den Ausgaben Januar und Februar 2021 dieses Newsletters) der Beginn der Festsetzungsverjährung bis zur Abgabe einer Steueranmeldung gehemmt ist, hat der BFH im Urteil offengelassen.