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Wie ist eigentlich der Begriff „shelf life“ rechtlich zu verorten?

30/11/2021
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Wie ist eigentlich der Begriff „shelf life“ rechtlich zu verorten?

Der Begriff des „shelf life“ wird in verschiedenen Vertragstypen immer wieder verwendet, insbesondere hat er auch in der Industrie einen gewissen Anwendungsbereich, wenn es darum geht, die Haltbarkeit von Komponenten oder Teilen vertraglich zu definieren.

Rechtlich ist der Begriff „shelf life“ nicht unmittelbar definiert, am ehesten würde wohl der Begriff „Haltbarkeit“ aus dem deutschen rechtlichen Sprachgebrauch passen. Die Angabe eines „shelf life“ für ein Produkt insgesamt oder für einen Bestandteil eines Produkts ist im Zweifel als Haltbarkeitsgarantie des Herstellers bzw. Verkäufers zu verstehen. Eine Garantie bedeutet immer, dass zusätzlich zu der gesetzlich vorgeschriebenen Haftung für Sachmängel eine besondere Haftung des Verkäufers oder Herstellers übernommen wird, denn bei der Garantie muss – anders als bei der Sachmängelhaftung – vom Kunden nicht bewiesen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen bereits bei Übergabe der Ware gegeben waren. Eine Garantie ist verschuldensunabhängig. Je nach Branche bzw. Produkt ist bei der Verwendung des Begriffs „shelf life“ aber Vorsicht geboten. Denn immer dann, wenn das „shelf life“ länger ist als die vereinbarte oder gesetzliche Frist für Sachmängelhaftung (zwei Jahre bei Verträgen mit Verbrauchern, die Frist kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr auf ein Jahr abgekürzt werden), ergibt sich die Möglichkeit, dass der Kunde sich auch noch nach dem Ablauf der Frist für Sachmängel auf Unzulänglichkeiten des „shelf life“ berufen kann. Dies ist vielen Verwendern des Begriffs nicht bewusst, insbesondere dann, wenn sie – im Geschäftsverkehr – gleichzeitig eine Verkürzung der gesetzlichen Mängelhaftungsfrist vorsehen.

Immer dann, wenn sich die Aussage zum „shelf life“ bei industriellen Produkten nicht auf die verkaufte Ware insgesamt, sondern beispielsweise nur auf eine besonders haltbare Komponente (z.B. Glas) bezieht, sollte also klargestellt werden, dass mit einer solchen Aussage nicht die Mängelhaftungsfrist insgesamt ausgedehnt werden soll. Ohne eine solche Klarstellung besteht jedenfalls im Streitfall ein Interpretationsspielraum und Prozessrisiko.

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