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Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Gründung eines neuen selbständigen Unternehmens

29/04/2022
| Frank Behrenz
Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Gründung eines neuen selbständigen Unternehmens

In den Ausgaben Mai 2015 und April 2016 hatten wir über die Entwicklung der Rechtsprechung zu Fragen des Vorsteuerabzugs bei beabsichtigter Gründung eines neuen selbständigen Unternehmens berichtet.

Im Gründungsstadium von Unternehmen, die rechtlich erst bei Eintragung im Handelsregister entstehen (z.B. GmbH) und erst nach Eintragung als neue Steuersubjekte vom zuständigen Finanzamt eine Umsatzsteuernummer und auf Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern eine gesonderte Umsatzsteueridentifikationsnummer erhalten, stellt sich umsatzsteuerlich die Frage, ob vom Gründer bzw. einer von mehreren Gründern vor der eigentlichen Unternehmensgründung ins Leben gerufenen sog. Vorgründungsgesellschaft (meist in der Rechtsform der steuerlich transparenten Gesellschaft bürgerlichen Rechts) die Vorsteuer aus Rechnungen für die im Vorfeld der Entstehung des neuen Unternehmens in Anspruch genommenen Lieferungen und Dienstleistungen steuerlich geltend gemacht werden kann. 

In einem Schreiben vom 12.04.2022 (III C 2 -S 7300/20/10001 :005, DOK 2022/0384459) hat das Bundefinanzministerium (BMF) nun neue für die Finanzämter bindende Verwaltungsgrundsätze verfügt, die im sog. Umsatzsteueranwendungserlass in einen neuen Abschnitt 15.2b Abs. 4 UStAE eingefügt werden. Hiernach kann einem Gesellschafter bzw. einer Vorgründungsgesellschaft der Vorsteuerabzug auch aus einer selbst bezogenen Leistung zustehen, die der zu gründenden Gesellschaft später außerhalb eines Leistungsaustauschs zuwächst. Dies gilt sowohl für die Weiterleitung im Rahmen einer eigenen unternehmerischen Tätigkeit (z.B. über eine Geschäftsveräußerung im Ganzen) als auch bei Weiterleitung außerhalb einer solchen (z.B. Gründung durch nicht unternehmerisch tätige Privatperson). Voraussetzung ist jedoch jeweils, dass es sich aus Sicht der (geplanten) Gesellschaft jeweils um einen sog. Investitionsumsatz handelt und die beabsichtigte Tätigkeit der Gesellschaft einen Vorsteuerabzug nicht ausschließt.

Unter den Begriff Investitionsumsatz fallen dabei Vermögenswerte, die der Gesellschafter (bzw. die Vorgründungsgesellschaft) tatsächlich an die Gesellschaft überträgt. Dafür genügt es, dass die Eigenschaft des Gesellschafters als Unternehmer aus diesem Investitionsumsatz resultiert. Von einem Investitionsumsatz abzugrenzen sind demgegenüber bezogene Leistungen, die generell nicht an die Gesellschaft übertragen werden können, sondern z.B. durch den Gesellschafter selbst genutzt oder verbraucht werden, oder die zwar von der Gesellschaft genutzt, aber nicht tatsächlich an sie übertragen werden (z.B. Beratungsleistungen).

Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn der Investitionsumsatz zwar beabsichtigt ist, aber nur deshalb nicht tatsächlich erfolgt, weil eine geplante Gesellschaftsgründung scheitert. Auch in diesem Fall kann dem erfolglosen Gesellschafter bzw. der Vorgründungsgesellschaft der Vorsteuerabzug aus einem Investitionsumsatz zustehen.

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