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Vorsteuerabzug aus Rechnung mit Angabe eines reinen Briefkasten- bzw. Scheinsitzes (II)

30/09/2016
| Frank Behrenz
Vorsteuerabzug aus Rechnung mit Angabe eines reinen Briefkasten- bzw. Scheinsitzes (II)

In der Ausgabe November 2014 dieses Newsletters hatten wir bereits über die Frage berichtet, ob eine Rechnung auch dann die nach § 14 Abs. 4 Nr.1 UStG erforderliche vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthält, wenn es sich bei der darin angegebenen Anschrift um einen reinen Briefkasten- bzw. Scheinsitz handelt, an dem der Unternehmer zwar mit einer Rechnungsadresse postalisch erreichbar ist, an dem sich jedoch keine eigenen Geschäftsräume befinden bzw. keine geschäftlichen Aktivitäten stattfinden. 

Im  Verfahren über die Revision gegen das von uns mitgeteilte Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf (XI R 20/14) sowie in einem weiteren Verfahren (V R 25/15) haben nun beide für die Umsatzsteuer zuständigen Senate des Bundesfinanzhofs (BFH) mit jeweils am 06.04.2016 gefassten Beschlüssen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung gebeten, die den Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Vorlagen sind erforderlich geworden, weil das Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2015  C-277/14  (PPUH  Stehcemp, EU:C:2015:719) möglicherweise  den Schluss zulässt, dass es für den Vorsteuerabzug nicht auf das Vorliegen aller formellen  Rechnungsvoraussetzungen  ankommt oder zumindest Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG über  das  gemeinsame Mehrwertsteuersystem keine Anschrift    voraussetzt, unter der wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet wurden. Fehlen formelle Rechnungsvoraussetzungen, kann nach der Rechtsprechung des BFH der Vorsteuerabzug unter bestimmten Voraussetzungen (§§ 163, 227 AO) in einem gesonderten Billigkeitsverfahren aus Vertrauensschutzgesichtspunkten gewährt werden. Beide Senate haben den EuGH in ihren Vorabentscheidungsersuchen auch insoweit um Klärung der Voraussetzungen für effektiven Vertrauensschutz gebeten.

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