Vertrauensschutz bei der Fakturierung von Bauleistungen
In der Ausgabe Mai 2014 dieses Newsletters hatten wir über die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und die wiederholt geänderte Beurteilung des Bundesfinanzministeriums (BMF) der Frage berichtet, ob Bauträger, die in Deutschland umsatzsteuerlich ansässig sind oder dort eine Betriebstätte unterhalten, beim Bezug von Bauleistungen aus dem Ausland Schuldner der Umsatzsteuer sind (sog. Reverse Charge Verfahren). Nachdem feststand, dass dies nicht der Fall ist, sondern vielmehr die ausländischen Bauunternehmer die deutsche Umsatzsteuer schulden, forderten viele Bauträger die bereits an den deutschen Fiskus abgeführte Steuer wieder zurück.
Soweit die Bauunternehmer die von ihnen geschuldete Umsatzsteuer nicht problemlos an die Bauträger weiterfakturieren konnten, sondern diese aus den erhaltenen Nettozahlungen zu finanzieren hatten, stellte sich die Frage, ob sie sich gegenüber den deutschen Finanzbehörden für die Vergangenheit auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO berufen können. Nach dieser Vorschrift kann ein Steuerbescheid nicht zu Ungunsten eines Steuerpflichtigen geändert werden, wenn dieser auf einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift des BMF beruhte, die vom BFH als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.
Da durch die vorgenannte Änderung der Rechtsprechung hohe Steuerausfälle befürchtet wurden, wurde mit Wirkung zum 31.07.2014 der Vertrauensschutz für bauleistende Unternehmen durch § 27 Abs. 19 UStG gesetzlich ausgeschlossen. Ob dies verfassungsgemäß ist, hat aufgrund unterschiedlicher Beschlüsse in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Finanzgerichte von Berlin-Brandenburg (vom 03.06.2015 – 5 V 5026/15), Niedersachsen (vom 03.07.2015 – 16 V 95/15), Münster (vom 12.08.2015 – 15 V 2153/15) und Düsseldorf (vom 31.08.2015 – 1 V 1486/15) nun voraussichtlich der BFH zu klären.