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Verstöße gegen Qualitätssicherungsvereinbarungen können Schadensersatzansprüche auslösen

29/10/2021
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Verstöße gegen Qualitätssicherungsvereinbarungen können Schadensersatzansprüche auslösen

Der Abschluss von selbstständigen Qualitätssicherungsvereinbarungen ist in Lieferketten von der Automobil- bis zur Pharmaindustrie (bzw. zwischen den Zulieferern und OEMs) gängige Praxis. Häufig wird der Qualitätssicherungsvereinbarung seitens der Abnehmer sogar größere Bedeutung zugemessen als der eigentlichen Liefervereinbarung. Dies ist insbesondere in Branchen wie der pharmazeutischen Industrie der Fall, weil die Qualitätssicherungsvereinbarungen den zuständigen Behörden vorgelegt werden müssen.

Dennoch werden derartige Vereinbarungen seitens der Zulieferer und Hersteller von Komponenten nach unserer Erfahrung häufig in ihrer rechtlichen Bedeutung und Tragweite unterschätzt. Qualitätssicherungsvereinbarungen sollen vor allen Dingen erreichen, dass in Zeiten von Just-in-Time Lieferungen möglichst wenig fehlerhafte Produkte bei den jeweiligen Abnehmern ankommen, damit es nicht wegen Mängelbeanstandungen zu Friktionen im Produktionsvorgang kommt. Häufig werden solche Vereinbarungen von den Abnehmern vorgegeben und es gibt für die Zulieferer wenig Verhandlungsspielraum dabei. Es kann so weit gehen, dass dem Teilehersteller oder Zulieferer das gesamte Risiko für die Lieferung mangelhafter Produkte aufgebürdet wird und der Abnehmer nicht einmal mehr die Verpflichtung hat, eine Wareneingangskontrolle durchzuführen. Vor solch weitreichenden Qualitätssicherungsvereinbarungen ist zu warnen.

Wichtig ist aber vor allen Dingen, dass sich aus Qualitätssicherungsvereinbarungen gegenüber dem eigentlichen Liefervertrag eigenständige Rechte und Pflichten ergeben und diese auch durchsetzbar sind, in letzter Konsequenz sogar Schadensersatzansprüche wegen Nichteinhaltung von vereinbarten Standards, DIN-Vorschriften, Standardprozeduren, etc. auslösen können. Derartige Schadensersatzansprüche stehen unter Umständen rechtlich selbstständig neben den Ansprüchen der eigentlichen Mängelhaftung. Aus diesem Grunde ist die Qualitätssicherungsvereinbarung durch den Lieferanten stets sorgfältig zu lesen und zu prüfen. Wenn auch die technischen Bedingungen (Einhaltung von Standards und Normen, etc.) vernünftigerweise nicht ausgehebelt werden können, weil diese nun einmal typischer Bestandteil der Qualitätsvereinbarung sind, sollten zumindest die rechtlichen Bedingungen verhandelt werden. So ist beispielsweise an eine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung von Pflichten des Zulieferers aus der Qualitätssicherungsvereinbarung zu denken. Denn solche Ansprüche verjähren in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend am Jahresende, während die eigentliche Mängelhaftungsfrist schon nach Gesetz nur zwei Jahre ab Übergabe der Ware an den Kunden beträgt und zwischen Unternehmen häufig auf ein Jahr verkürzt wird. So sollte zumindest ein Gleichlauf der Fristen für die eigentliche Mängelhaftung und für Ansprüche aus Qualitätssicherungsvereinbarungen hergestellt werden. Sonst kann über den Umweg einer behaupteten Verletzung von Verpflichtungen aus einer Qualitätssicherungsvereinbarung eine wesentlich längere Verjährungsfrist als die Mängelhaftungsfrist aus dem Hut gezaubert werden.

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