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Verkauf von Gutscheinen als umsatzsteuerbare Leistung

29/01/2021
| Frank Behrenz
Ventas de vales como operación sujeta al IVA alemán

Sowohl im sog. stationären als auch im Online- Vertrieb nehmen Gutscheine als werbepsychologisch effiziente Maßnahme eine große und stetig zunehmende Bedeutung ein. Angesichts einer statistisch teilweise überraschend geringen Einlösungsquote hat die Frage, ob bereits der Verkauf von Gutscheinen der Umsatzsteuer unterliegt oder erst die spätere tatschliche Erbringung der Leistung, eine große wirtschaftliche Bedeutung.

In einem Rundschreiben vom 02.11.2020 (BMF III C 2 – S 7100/19/10001:002 – Dok 2020/1051603) hat sich das Bundesfinanzministerium der Finanzen (BMF) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen nach Umsetzung der sog. Gutschein-Richtlinie (EU 2016/1065 vom 27.06.2016) im deutschen Umsatzsteuerrecht seit 01.01.2019 geäußert und diesbezüglich den sog. Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) ergänzt. Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweckgutscheinen (C-40/09 – Astra Zeneca und C-520/10 – Lebara) bzw. Mehrzweckgutscheinen (C-270/09 – MacDonalds Ressorts) wird in der Gutschein-Richtlinie und nun auch im deutschen Recht hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen differenziert. Bei Einzweckgutscheinen führt bereits die entgeltliche Übertragung des Gutscheins zu einer Besteuerung, während die spätere tatsächliche Erbringung der bezeichneten Leistung keinen steuerbaren Tatbestand mehr darstellt (§ 3 Abs. 14 UStG). Bei Mehrzweckgutscheinen ist dies genau umgekehrt: die entgeltliche Übertragung des Gutscheins ist kein steuerbarer Vorgang, sondern erst die spätere tatsächliche Leistungserbringung (§ 13 Abs. 15 UStG).

Die umsatzsteuerliche Komplexität des Handels mit Gutscheinen in Vertriebsketten sowie die stets erforderliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Vermittlungsleistung von Zwischenhändlern über Onlineplattformen (vgl. hierzu bereits unsere Beiträge zu diesem Newsletter in den Ausgaben September und November 2020) zeigen sich gut im jüngst veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 17.09.2020 (5 K 1404/18 U). Dieses betraf Veranlagungszeiträume vor der oben genannten gesetzlichen Änderung, interessant ist jedoch, dass das Gericht im Ergebnis den Rechtsstreit nach den aktuell geltenden Abgrenzungskriterien entschieden hat. Im Kern ging es um die Frage, ob der Betreiber eines Internetportals für Freizeiterlebnisse, die nicht vom Betreiber des Portals, sondern von dritten Veranstaltern erbracht werden, die Erlöse aus dem Verkauf von Gutscheinen der Umsatzsteuer zu unterwerfen hat. Im entschiedenen Fall ging das FG davon aus, dass der Kläger den Nutzern des Internetportals über den Verkauf von Gutscheinen das Recht und den Zugang zur Durchführung von Freizeiterlebnissen verschafft und damit eine eigenständige steuerbare Leistung erbracht habe. Die Richtigkeit der Entscheidung wird der Bundesfinanzhof im anhängigen Revisionsverfahren (BFH V R 35/20) zu entscheiden haben

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