Verantwortlichkeit der Vereine als Veranstalter von Sportveranstaltungen für Verhalten der Zuschauer
Die Frage der Verantwortlichkeit von Fußballvereinen und anderen Vereinen für das Fehlverhalten der Zuschauer ist von hoher aktueller Relevanz, zum Beispiel wenn man an die Platzstürmung der Fans von Espanyol Barcelona während der Feier der Meisterschaft von Spielern von Barça oder an die rassistischen Gesänge und Beschimpfungen gegen den Spieler von Real Madrid Vinicius Jr. im Stadion von Valencia denkt.
In diesem Beitrag sollen eventuelle straf-, zivil- oder verwaltungsrechtliche (im Sinne von durch Behörden verhängte Strafen) außen vor gelassen und der Fokus auf die disziplinarische Verantwortlichkeit gelegt werden, für welche die regionalen, nationalen oder internationalen Verbände, je nach organisiertem Wettbewerb, zuständig sind.
Interessant aus rechtlicher Hinsicht ist dabei, dass die Normen der Sportverbände, im Gegensatz zu strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Regelungen, eine quasiobjektive Verantwortlichkeit der Vereine vorsehen, nachdem diese für Geschehnisse in oder im unmittelbaren Bereich des Stadions verantwortlich sind, außer es gelingt ihnen nachzuweisen, dass sie mit ausreichender Sorgfältigkeit hinsichtlich der Verhinderung oder Einschränkung der Vorfälle gehandelt haben. Aus sportspezifischer Hinsicht es ist von daher nicht ausreichend für die Vereine nachzuweisen, dass sie nicht schuldhaft gehandelt haben, sondern sie müssen darüber hinaus nachweisen, dass sie sorgfältig gehandelt und alles Erforderliche getan haben, um die Vorkommnisse zu verhindern. In der Praxis ist die Erbringung dieses Nachweises allerdings extrem schwer, nachdem schon alleine der Eintritt der Vorkommnisse dafür spricht, dass eben nicht mit der notwendigen Sorgfalt agiert wurde.
Zum Beispiel verhängt das Disziplinarkomitee in dem Fall der rassistischen Gesängen und Beschimpfungen gegen Vinicius Jr eine Geldbuße sowie eine Teilsperre des Stadions gegen den Verein Valencia, und hinsichtlich einer eventuellen Entlastung des Vereins wegen sorgfältigem Handels, wie in der Disziplinarcode des Verbandes (RFEF) vorgesehen, beschränkt sich das Komitee auf den Hinweis „trotz der Anstrengungen welche der Verein unternimmt, war er nicht ausreichend sorgfältig in der effektiven Errichtung aller Maßnahmen welche notwendig sind, um diese Art des Verhaltens zu unterbinden und seine Ausmaße einzuschränken wenn sie auftreten (…)“. Dies ist ein Beispiel der Umwandlung der quasiobjektiven in eine objektive Verantwortlichkeit, nachdem unter Anwendung der Kriterien des Komitees eine Entlastung des Vereins praktisch unmöglich ist, und der Verein letztlich dafür bestraft wird, dass die Vorkommnisse in seinem Stadion stattgefunden haben, trotz der von dem Verein vorgenommenen und von dem Komitee anerkannten Bemühungen.
In der Praxis, und abgesehen von Ausnahmefällen, sind die Vereine in Spanien also für das Verhalten der Fans im Stadion verantwortlich, was im Einklang mit der Situation in anderen Ländern und in internationalen Wettbewerben steht.