Veräußerung von Gesellschaftsanteilen als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen? (2)
In der Ausgabe Mai 2019 dieses Newsletters hatten wir über ein Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 02.05.2018 (2 K 309/16) zur Frage berichtet, wann bei der Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH nicht ein nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f) UStG steuerfreier Umsatz, sondern ausnahmsweise eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne von Art. 19 MwStSystRL und § 1 (1a) UStG) vorliegt.
Im ersten Fall ist das Recht auf Abzug von Vorsteuer aus Eingangsleistungen, die in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Vorgang stehen, wie etwa Beratungsleistungen zur Vorbereitung und Durchführung der Anteilsveräußerung, grundsätzlich ausgeschlossen (§ 15 (2) Nr. 1 UStG), soweit nicht wirksam – gegebenenfalls auch nachträglich, bis zur Bestandskraft der Veranlagung - zur Umsatzsteuerpflicht optiert wird (§ 9 UStG), im zweiten Fall ist das Recht des Vorsteuerabzugs stets gegeben.
In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 18.09.2019 (BFH XI R 33/18) hat der Bundesfinanzhof im anschließenden Revisionsverfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH v. 30.5.2013 –C-651/11) bestätigt, dass die Veräußerung einer Beteiligung für sich betrachtet keine Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt, sondern weitere Umstände hinzukommen müssen, die es dem Erwerber ermöglichen, eine unternehmerische Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinn fortzuführen. Als ein solcher Umstand sei im Streitfall zu werten, dass der Erwerber der Geschäftsanteile – wie zuvor der Veräußerer – als Organträger mit der erworbenen Gesellschaft (Organgesellschaft), eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft gebildet habe (vgl. zur Organschaft auch unseren Beitrag in der Ausgabe Januar 2020 dieses Newsletters), da diese dem Erwerber die Möglichkeit gäbe, die Tätigkeit des Veräußerers – im Streitfall die Produktion von Waren – fortzuführen. Bei Fortsetzung einer Organschaft sei es daher auch unschädlich, wenn im Zuge der Übertragung der Geschäftsanteile nicht alle für die Produktionstätigkeit notwendigen Vermögensgegenstände auf die Erwerberin übergegangen sind, wie im Streitfall das Betriebsgrundstück, es genüge, dass diese vom Erwerber anderweitig beschafft werden.
Ergänzend sei angemerkt, dass über den entschiedenen Fall der Fortsetzung einer umsatzsteuerlichen Organschaft hinaus (zur Haftung bei umsatzsteuerlicher Organschaft vgl. unseren Beitrag in der Ausgabe April 2018 dieses Newsletters) weitere Gestaltungsmöglichkeiten zur Sicherung des Vorsteuerabzugs ohne Option gegebenenfalls darin bestehen können, zusammen mit den Geschäftsanteilen auch weitere Rechtsbeziehungen auf den Erwerber zu übertragen, die beim Veräußerer in Bezug auf die übertragene Beteiligung eine unternehmerische Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinn begründeten (vgl. hierzu etwa unseren Beiträge zu den Ausgaben Oktober 2018, März 2016, März 2014, April 2013 dieses Newsletters).