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Urteil des Obersten Gerichtshofs konkretisiert Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers bei Arbeitszeiterfassung

28/02/2023
| Sandra Schramm
Urteil des Obersten Gerichtshofs konkretisiert Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers bei Arbeitszeiterfassung

Der spanische Arbeits- und Sozialgerichtshof fällte am 18.01.2023 eine weitere wichtige Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung (Urteil 41/2023, 78/2021). Diese Verpflichtung ist seit dem 12. Mai 2019 im spanischen Arbeitnehmerstatut geregelt und Gegenstand von Betriebsprüfungen.

Streitgegenstand ist die Legaldefinition der Arbeitszeit. Das spanische Gesetz definiert diese als die Zeit, „in der sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz befindet“. Dies ist in vielen Fällen nicht gleichzusetzen mit dem Zutritt zur Arbeitsstätte (Firmengebäude, Fabrik usw.). Aufgrund dieser Definition in Verbindung mit der uneinheitlichen spanischen Rechtsprechung zum Arbeitszeitbegriff wird die Einschätzung und Registrierung der Arbeitszeit erschwert.

Im konkreten Fall hatte der Gerichtshof über die Anfechtung des auf nationaler Ebene anwendbaren Tarifvertrags für Sparkassen zu entscheiden. Streitgegenstand war ein Abschnitt, mit dem die Arbeitszeiterfassung durch eine App für die Mitarbeiter konkretisiert wurde. Der Gerichtshof verweist in der Begründung auf die gesetzliche Regelung in Art. 34.9 des spanischen Arbeitnehmerstatuts, wonach der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die Aufzeichnung der Arbeitszeit gewährleisten muss. Das Gesetz stellt frei, welches System der Zeiterfassung hierfür gewählt wird.

Er räumt in diesem Zusammenhang ein, dass durch den in Frage stehenden Abschnitt des Tarifvertrags Zweifel an der Zuverlässigkeit des Systems bestehen können, da dieser dem Arbeitnehmer nicht nur die Pflicht auferlegt, Beginn und Ende seiner Arbeitszeit zu erfassen, sondern ihm auch die Verantwortung überträgt, zu entscheiden, welche Zeiten registriert werden müssen. Nach Auffassung des Gerichtshofes führt dies jedoch nicht zur Unrechtmäßigkeit, denn es vergleicht die Situation mit jeder Form der Arbeitszeiterfassung, die dem Arbeitnehmer eine gewisse Flexibilität bei der Gestaltung seines Arbeitstages ermöglicht.

Das Gericht konkretisiert, dass Unternehmen verpflichtet sind, Arbeitnehmern Anweisungen zu geben, die es ihm ermöglichen, zweifelsfrei zu berücksichtigen, welche während des Arbeitstages ausgeführten Aufgaben oder Tätigkeiten für ihre korrekte Einstufung und Registrierung als effektive Arbeitszeit aufzuzeichnen sind. Aus diesem Grund wurde die Gültigkeit der Regelung im konkreten Fall bestätigt.

Zusammenfassung: Die Arbeitszeiterfassung hat arbeitsplatzspezifisch durch den Arbeitnehmer erfolgen. Es obliegt ihm daher, seine Arbeitszeit in dem mit dem vom Unternehmen zur Verfügung gestellten System aufzuzeichnen. Spezielle  Nutzungsanweisungen müssen dabei jedoch so verständlich formuliert sein, dass es dem Arbeitnehmer möglich ist, die Arbeitszeit korrekt einzustufen und zu registrieren. Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Arbeitszeitbegriff verbleibt es in der Praxis bei der arbeitsplatzbezogenen Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung von Gesetz und Rechtsprechung.

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