Unwissenheit schützt vor UN-Kaufrecht (nicht)
Das UN-Kaufrecht gilt als vereinheitlichtes Kaufrecht bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen in insgesamt 85 Staaten. Es geht damit dem nationalen Recht vor, beispielsweise dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder Handelsgesetzbuch (HGB). Dieses unterscheidet sich teilweise ganz gravierend vom UN-Kaufrecht. Nach UN-Kaufrecht ist beispielsweise der Anspruch auf Schadensersatz, einschließlich des entgangenen Gewinns, verschuldensunabhängig.
Den Standardvorrang des UN-Kaufrechts kennen viele Anwender aber nicht. Häufig verhandeln Parteien über Streitigkeiten und rekurrieren dabei fälschlicherweise auf BGB- oder HGB-Normen, die aber eigentlich nicht anwendbar sind. Das OLG Koblenz hat dieses Verhalten in einem schon etwas älteren Urteil vom 20. Januar 2016 (Az. 5 U 781/15) aufgegriffen und daraus einen konkludenten Ausschluss des UN-Kaufrechts gefolgert. Damit widerspricht es mehr als einem halben Dutzend obergerichtlicher Entscheidungen, die es genau anders sehen. Diese hat das hier besprochene Urteil aber nicht mal zitiert. In den anderen Urteilen hatten die Gerichte noch ein Erklärungsbewusstsein der Parteien verlangt. Wer nicht weiß, dass das UN-Kaufrecht anwendbar ist, kann es auch nicht ausschließen, argumentieren die anderen Gerichte und bewahrten die Parteien damit möglicherweise vor einem großen Fehler.
Denn jedem Unternehmer ist dieses Erklärungsbewusstsein zu wünschen. Es mag Fälle geben, in denen ein Ausschluss des UN-Kaufrechts sinnvoll ist, in ganz vielen Fällen ist dieser Ausschluss aber nicht gut überdacht und nur auf die Angst vor der unbekannten Materie des UN-Kaufrechts zurückzuführen. Das kann zu gravierendem Rechtsverlust führen, beispielsweise weil man dadurch Schadensersatzansprüche verliert oder sich der Mängelgewährleistung des BGB bzw. HGB aussetzt, die in Teilen viel schärfer ist.