Unionsrechtswidrigkeit der sog. Anti-Treaty-Shopping Regelungen für deutsche Quellensteuern?
In der Ausgabe März 2012 hatten wir bereits über die Neufassung von § 50 d Abs. 3 EStG berichtet, wodurch mit Wirkung ab 01.01.2012 die Regelungen zur Vermeidung unberechtigter Erstattung bzw. Abstandnahme von der Einbehaltung deutscher Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen, Lizenzen etc. an im Ausland ansässige und nicht an einer Börse notierten Gesellschaften geändert wurden. Die Regelungen zielen auf eine Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen durch die Zwischenschaltung ausländischer Gesellschaften ab (sog. treaty shopping).
Das Finanzgericht Köln hat in einem jüngst veröffentlichten Beschluss vom 08.08.2016 (2 K 2995/12) Zweifel daran geäußert, ob § 50 d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 - also vor der vorgenannten Änderung - mit der europäischen Niederlassungsfreiheit und mit der Mutter-Tochter-Richtlinie vereinbar ist und die Frage daher dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Im Streitfall war eine in Deutschland ansässige natürliche Person über eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft an einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung beteiligt.
Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte den Antrag auf Erstattung der von der GmbH einbehaltenen Quellensteuer auf die Dividende an die niederländische Muttergesellschaft mit der Begründung ab, dass diese zwar über Büroräume und eigenes Personal verfüge, aber als reine Holdinggesellschaft keine eigene Wirtschaftstätigkeit im Sinne von § 50 d Abs. 3 Satz 3 EStG 2007 ausübe.
Auch die Europäische Kommission hatte § 50 d Abs. 3 EStG 2007 bereits beanstandet (vgl. Pressemitteilung vom 18.03.2010, IP\10\298; Aktenzeichen der Kommission 2007/4435), das Gericht stützt seine europarechtlichen Zweifel insbesondere auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Cadbury Schweppes (Urteil vom 12.09.2006 – C-196/04).