Umsatzsteuerliche Fragen bei Verkauf mit sog. paneuropäischen Versand durch Amazon & Co. | LEX | Das deutsch-spanische Rechtsportal Direkt zum Inhalt

Umsatzsteuerliche Fragen bei Verkauf mit sog. paneuropäischen Versand durch Amazon & Co.

30/09/2020
| Frank Behrenz
Umsatzsteuerliche Fragen bei Verkauf mit sog. paneuropäischen Versand durch Amazon & Co.

Beim grenzüberscheitenden Verkauf von Waren über das Internet entscheidet der Verkäufer mit wenigen Klicks über die Wahl zwischen verschiedenen Vertriebsmodellen, die zu völlig unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Folgen führen können. Er kann einen Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber entweder als echten Zwischenhändler in die Lieferkette einbeziehen, der dann seinerseits wiederum an den Endkunden liefert, oder andererseits selbst als sog. Marketplace-Händler auftreten und den Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber lediglich als Dienstleister zum Versand der Ware beauftragen. Im letzteren Fall sichert sich der Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber (z.B. „Fulfilment by Amazon“) zur Optimierung der Logistik meist das Recht, die Ware auch in anderen EU-Ländern zu lagern (z.B. Amazon im sog. Pan-EU-Programm“).

In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 29.04.2020 (BFH IX B 113/19) bestätigte der Bundesfinanzhof im Fall des grenzüberschreitenden Verkaufs an einen deutschen Endkunden auf der Basis des sog. „Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag“ für das Vertriebsmodell „Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon“ die Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 11.10.2019, 1 K 2693/17), wonach Leistungsempfänger der Endkunde sei. Für die Bestimmung der umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen seien letztlich die zivilrechtlichen Vereinbarungen maßgebend, die von den Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber angebotenen, teils umfangreichen Dienstleistungen (Präsentation der Ware im Internet, Bearbeitung der Anfragen von Interessenten, Lagerung, Auslieferung, Inkasso etc.) und die nicht selten beim Kunden vorhandene Vorstellung, beim Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber selbst zu bestellen, führten nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn beim Bestellvorgang eindeutig angezeigt werde, dass der Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber die Lieferung im Namen und im Auftrag eines anderen Unternehmers abwickelt. Dieses Ergebnis folge auch aus Art. 14a MwStSystRL, der ab 01.01.2021 Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber auch entgegen anderweitiger zivilrechtlicher Vereinbarungen umsatzsteuerlich stets als Zwischenhändler behandle. Gleiches sei aus der Einführung der Regelungen über die Haftung von Marktplatzbetreibern für die Umsatzsteuer der Lieferungen der Verkäufer in § 25e UStG mit Wirkung zum 01.01.2019 zu schließen. In beiden Vorschriften gehe der Gesetzgeber erkennbar davon aus, dass in solchen Fällen nicht der Marktplatzbetreiber die Lieferung an den Endkunden ausführe.

Im Ergebnis müssen Unternehmer bei Wahl des oben genannten Vertriebsmodells das Bestehen eigener Registrierungspflichten in Mitgliedsstaaten der EU prüfen. Im Empfängerstaat besteht bei einem Verkauf an Nicht-Unternehmer eine Registrierungsplicht bei Überschreitung der Lieferschwelle, zu prüfen ist jedoch auch eine Registrierung in den Ländern, in welchen der Plattform- bzw. Marktplatzbetreiber die Waren zwischenlagert.

Kategorien:

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Teilen Sie ihn in den sozialen Netzwerken!